Durch die Pandemie hat die Teilhabe am städtischen Leben in ihrer Bedeutung in erheblichem Maße zugenommen. Daher liegt der Fokus des Referats Soziales und gesellschaftliche Integration (SI) für den Doppelhaushalt 2022/2023 auf einfach zugänglichen, gut abgestimmten und passgenauen Angeboten zur sozialen Teilhabe.
Strategische Sozialplanung
In den vergangenen zwei Jahren wurden die Komplexität und die Dynamik sozialer Prozesse immer deutlicher. Die Pandemie hat die Einsamkeit vieler Menschen verstärkt und sichtbar gemacht, offene und verdeckte Armut zeigen sich inmitten der Stadtgesellschaft. Das Referat SI geht mit der Einführung einer Strategischen Sozialplanung (zwei Stellen sowie Sachmittel in Höhe von 40.000 Euro pro Jahr in den nächsten beiden Haushaltsjahren) gesellschaftliche Problemstellungen neu und in ihrer Komplexität an. Die Teilhabe aller Einwohner steht im Mittelpunkt – und soll über neue Strategien und Maßnahmen in enger Abstimmung mit der Politik, der Liga der Wohlfahrtspflege, Stiftungen und der Bürgergesellschaft verbessert werden.
Jobcenter
Der Gemeinderat stärkt die Strukturen des Jobcenters und ermöglicht nicht nur eine Verstetigung der Leistungen, sondern unterstützt auch die Modernisierung, unter anderem im Bereich der Digitalisierung. Bewährte Angebote wie der Ausbildungscampus, ein offenes Angebot für neu Zugewanderte im Übergang Schule-Beruf, die Strukturen für die erfolgreiche Umsetzung des ReFit-Projekts zur Unterstützung von Rehabilitanten oder die städtische Beteiligung am Teilhabechancengesetz werden weitergeführt. Außerdem fördert der Gemeinderat weiterhin die Kontaktstelle des Kulturwerks der Neuen Arbeit gGmbH und unterstützt suchtkranke und langzeitarbeitslose Menschen dadurch in ihrer beruflichen Weiterentwicklung. Eine Intensivierung der Beratung von geflüchteten erziehenden Frauen ab 2022 ist ebenfalls gesichert. Ein zusätzliches Budget für Kinderbetreuung in besonderen Einzelfällen bietet zudem unbürokratische und rasche Hilfe.
Das Jobcenter Stuttgart unterstützt rund 39.000 Menschen, darunter etwa 9.000 Kinder und Jugendliche, mit Leistungen zum Lebensunterhalt, zur Teilhabe und zur Vermittlung in Ausbildung und Beschäftigung. 3000 Arbeitssuchende befinden sich monatlich in Bildungs- und Aktivierungsmaßnahmen, circa 7400 pro Jahr beginnen ein Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis.
Sozialamt
- Quartiersentwicklung: Im Doppelhaushalt 2022/2023 erarbeitet die Sozialverwaltung einen Prozess zu Entwicklung einer Strategie nachhaltiger Quartiersentwicklung. Als konkrete Projekte werden insbesondere die Quartiersentwicklung am Wiener Platz in Feuerbach im Mittelpunkt stehen. Um den demografischen und sozialen Herausforderungen zu begegnen, sind neue Strukturen des Zusammenlebens nötig. Quartiersansätze stellen eine Möglichkeit dar, Inklusion und Integration, das Leben im Alter und das Zusammenleben der Generationen neu zu organisieren.
- Neustrukturierung Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe: Die Stuttgarter Wohnungsnotfallhilfe hält für wohnungslose Familien mit Kindern sowie erwachsene Wohnungslose ein differenziertes Hilfesystem vor. Grundlage für die Weiterentwicklung der Angebote soll die Evaluation des gesamten Hilfesystems sowohl hinsichtlich der Gesamtstruktur als auch in Bezug auf das Angebots- und Maßnahmenspektrum sowie der implementierten Steuerungsstrukturen sein. Hierfür stellt der Gemeinderat im Doppelhaushalt 2022/2023 insgesamt 250.000 EUR bereit. Mit dem Weiterentwicklungsprozess „Wohnung-S-Los! 2025“ sollen die Lebensbedingungen von Wohnungslosen verbessert und Wohnungslosigkeit reduziert werden. Im Sinne der sozialen Teilhabe wohnungsloser Menschen wird das Modellprojekt „Housing First Stuttgart“ umgesetzt. Dafür wurden im Doppelhaushalt 390.000 EUR 2022 und 435.000 EUR 2023 beschlossen.
- Maßnahmen zur Begegnung des Pflegenotstands und Stärkung der Pflegeinfrastruktur: Um dem Pflegenotstand zu begegnen und die Pflegeinfrastruktur zu stärken, hat die Stadt bereits eine Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht. Im Doppelhaushalt 2022/2023 werden für die Sicherstellung ambulanter Angebote zur Unterstützung Pflegebedürftiger und pflegender Angehöriger im Alltag insgesamt 247.000 Euro in 2022 bzw. 248.000 Euro in 2023 für diverse Maßnahmen bereitgestellt. Zudem wurden für zehn Jahre beginnend ab 2023 Zuschüsse zum Bau neuer Pflegeheimplätze in Höhe von 5 Mio. Euro pro Jahr bewilligt, um mit dem Förderprogramm die Investitionskostensätze zu senken und damit die Wohnkosten für die Bewohner*innen spürbar zu reduzieren. Für die Entwicklung und Ausarbeitung der Förderkonzeption wurde eine 0,5 Stelle beim Sozialamt für Doppelhaushalt 2022/2023 geschaffen.
- Integration von in Stuttgart lebenden Flüchtlingen:
Mit dem Projekt „Verbesserung der Situation von Kinder und Jugendlichen in Sozial- und Gemeinschaftsunterkünften“ hat die Sozialverwaltung 2021 einen wesentlichen Schwerpunkt auf die Verbesserung der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen, die in Sozial- und Gemeinschaftsunterkünften leben, gelegt. Hierfür wurde eine Vielzahl von Maßnahmen erarbeitet sowie Ideen entwickelt, welche dem Gemeinderat bereits im Sommer vorgestellt wurden. Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen wurden im Doppelhaushalt die entsprechenden finanziellen Mittel (2,67 Mio. Euro in 2022 bzw. 2,27 Mio. Euro in 2023) in den verschiedenen Zuständigkeitsbereichen durch den Gemeinderat zur Verfügung gestellt. Zur Stabilisierung traumatisierter Flüchtlinge sind 290.000 Euro pro Jahr im Haushalt eingestellt. Um die in der sozialen Betreuung von Flüchtlingen tätigen Integrationsmanagerinnen und -managern zu unterstützen, stehen im Doppelhaushalt 60.000 Euro jährlich für Dolmetschereinsätze zur Verfügung. Außerdem wird die Förderung der Rückkehrberatungsstelle für Migrantinnen und Migranten im kommenden Doppelhaushalt fortgesetzt.
Gesundheitsamt
Das Gesundheitsamt befasst sich aktuell nicht nur mit Themen rund um Covid-19, sondern auch den Themen wie der Prostitution, der Sucht- und Übergewichtsprävention und den Gesundheitslotsen für Migrantinnen- und Migranten. Im Doppelhaushalt 2022/2023 wurde für die Erstellung einer Studie Langzeitfolgen von Covid-19 Mittel in Höhe von 72.500 Euro bereitgestellt. Zum Aufbau von Fachkraftstellen im Bereich der Suchtprävention (städtische Förderung ab dem Jahr 2022) wurden Fachkraftstellen bis 2025 gefördert. Zudem wurde der Fortführung des Pilotprojekts „Gesundheitslotsen für Migrantinnen und Migranten“ zugestimmt.
Abteilung Integrationspolitik
- Haus der Kulturen: Die Abteilung Integrationspolitik bekommt den Auftrag, die Konzeption für ein Haus der Kulturen zu konkretisieren. Dafür wurden 72.000 Euro pro Jahr im Doppelhaushalt 2022/2023 sowie eine 0,5 Stelle beschlossen. Für eine standortbezogene Machbarkeitsstudie werden außerdem 60.000 Euro zur Verfügung gestellt.
- Hallo Demokratie – Demokratiebildung für Neuzugewanderte: Die bereits etablierten Demokratiebildungsangebote für Neuzugewanderte in Vorbereitungsklassen sollen mit 25.000 Euro pro Jahr in den Jahren 2022 und 2023 ausgeweitet werden auf weitere junge Menschen und für die Beratung von sachkundigen Einwohnern für Migration und Integration in den Bezirksbeiräten. Eine zentrale Funktion hat dabei die Koordinationsstelle Maßnahmen zur politischen Jugendpartizipation und Demokratieförderung im Programm „Hallo Demokratie“, die aufgestockt wird.
- Empowerment von Geflüchteten für Geflüchtete: Für 2022 und 2023 werden weitere kommunale Fördermittel in Höhe von 100.000 Euro pro Jahr für Empowermentmaßnahmen zur Verfügung gestellt, damit Geflüchtete in enger Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern bei der Gestaltung und Umsetzung von Projekten und Maßnahmen aktiv und eigenverantwortlich mitwirken. Sie werden befähigt und gestärkt, ihre Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen zu nutzen, um das gesellschaftliche Zusammenleben in Stuttgart aktiv mitzugestalten.
Hauptamtliche Beauftragte für Menschen mit Behinderung
- Inklusion 3.0 Barrierefreiheit und Teilhabe: Die Inklusion von Menschen mit Behinderung ist besonderes Anliegen des Gemeinderates und der Stadtverwaltung. Auf Vorschlag des Oberbürgermeisters hat der Gemeinderat einmütig für den Doppelhaushalt 2022/2023 das „Haushaltspaket Inklusion 3.0“ unter dem Motto „Barrierefreiheit und Teilhabe – Gemeinsam weiter vorangehen“ beschlossen. Die referatsübergreifenden Vorhaben und Maßnahmen zur Barrierefreiheit und Inklusion sind darin gebündelt und sind mit den dafür notwendigen Mitteln ausgestattet. Die Mittel sind im Sinne des barrierefreien Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Behinderung einzusetzen. Mit diesen Schritten ist die Stadtverwaltung in der Lage, bereits bestehende Konzepte konsequent umzusetzen und weitere Möglichkeiten zu schaffen. In Abwägung mit der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung, den Referaten der Stadtverwaltung sowie dem Beirat für Menschen mit Behinderung werden in den kommenden Jahren folgende Schwerpunktthemen bearbeitet:
- Barrierefrei in Stuttgart leben – Alltag ohne Hindernisse: Dazu gehört ein barrierefreier ÖPNV und weitgehende Barrierefreiheit in der Stadt. Dies schließt öffentliche wie private Einrichtungen in der Stadt und den Bezirken, aber auch die städtische Verwaltung ein. Ein wesentlicher Bestandteil ist auch das Wohnen und der Alltag. Viele Betroffene haben ein großes Problem, im Alter oder bei Behinderung in ihrem Wohnraum zu bleiben oder eine für sie passende Wohnung zu finden. Dies betrifft auch Familien mit Kinderwagen. Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderung sollen gefördert werden, um Unsicherheiten, Barrieren und auch Ängste abzubauen. Viele Geschäfte, Restaurants, Arztpraxen sind nicht barrierefrei.
- Arbeitsplätze und Wirtschaft – Alle Potenziale nutzen: Damit dies gelingt, müssen Arbeitgeber ins Boot genommen werden. Die Stadtverwaltung will Beschäftigung für Menschen mit Behinderung ermöglichen und bei anderen Arbeitgebern für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung werben.
- Eine barrierefreie Kultur für alle schaffen: Menschen mit Behinderung sollen genauso wie Menschen ohne Handicap ihre Freizeit abwechslungsreich gestalten können. Das beinhaltet auch, dass sie die vielseitigen und lebendigen Angebote der Stuttgarter Kunst- und Kulturlandschaft nutzen können. Die Stadtverwaltung will eine Vorbildfunktion einnehmen und ihr Kunst- und Kulturprogramm barrierefrei ausrichten. Dazu benötigt es barrierefreie Angebote und Formate. Es sollen Plattformen geboten werden, damit Menschen mit und ohne Behinderung als Künstler sichtbar werden und die Kunst- und Kulturszene aktiv mitgestalten.
- Familien und Kinder mit Behinderung – Pflegen und Stärken in allen Lebenslagen: Damit Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam aufwachsen, spielen und lernen können, benötigen sie gute Rahmenbedingungen in Freizeit, Kita und Schule. Eltern von Kindern mit Behinderung erleben Schwierigkeiten im Alltag, der ihnen einiges abverlangt. Sie müssen eine Vielzahl ihrer eigenen Bedürfnisse zurückstellen. Angehörige leisten Beachtliches in der Betreuung, Förderung und Pflege ihrer Kinder zu Hause. Die Folgen der Corona-Pandemie haben diesen Personenkreis in starkem Ausmaß gefordert.
- Qualitäts- und Wissensmanagement – Lernen. Wissen. Machen: Die Stadtverwaltung ist auf dem Weg, sich barrierefrei und inklusiv auszurichten. Um zukunftsfähig und strukturiert aufgestellt zu sein und dem gesetzlichen Auftrag, Barrierefreiheit von Beginn an mitzudenken, noch besser gerecht zu werden, sollen die vorhandenen Strukturen in den Ämtern genutzt und ein Wissenstransfer guter Beispiele für barrierefreie Methoden, Formate, Veranstaltungen, Leitfäden (weiter-) entwickelt und zusammengeführt werden. Strukturen und Rahmenbedingungen für barrierefreie Prozesse und Formate in den einzelnen Ämtern der Stadtverwaltung können angepasst werden. Dies beinhaltet Weiterbildungs- und Fortbildungsangebote sowie eine Vernetzung zum Thema Inklusion und Barrierefreiheit innerhalb der Stadtverwaltung.
- Budget für den Beirat für Menschen mit Behinderung: Darüber hinaus wurde dem Beirat für Menschen mit Behinderung ein Budget in Höhe von 50.000 Euro pro Jahr in den Jahren 2022 und 2023 zur Verfügung gestellt, um einzelne Maßnahmen und Projekte gezielt umzusetzen. Diese ergeben sich unter anderem aus dem Fokus-Aktionsplan und den Diskussionen im Beirat.
Städtische Arbeitsförderung
Kofinanzierung ESF Plus: Die städtische Arbeitsförderung wird im Rahmen der neuen Förderperiode „ESF Plus“ (2021- 2027) Fördermittel in Höhe von 200.000 Euro p.a. entsprechend zielgerichtet zur Kofinanzierung von Projekten zur Verfügung stellen können. Damit wird es möglich, für eine Vielzahl von Menschen Projekte über den ESF anzubieten, um Armut zu verhindert und die Integration in den Arbeitsmarkt zu fördern.