Er erhöht sowohl die Budgets in den städtischen Kultureinrichtungen als auch die Förderungen bei den externen Kulturinstitutionen aller Sparten um insgesamt rund 16 Millionen Euro. 19,7 Stellen erhält das Kulturamt, um die vielfältige Stuttgarter Kultur stärken und weiter zukunftsfähig zu machen. Schwerpunkte setzt der Gemeinderat in den Bereichen kulturelle Teilhabe und kulturelle Stadtentwicklung, bei der Etablierung der Kunst im öffentlichen Raum sowie bei der Fortschreibung der Erinnerungskultur. Er setzt zudem die nächsten Meilensteine für das Haus für Film und Medien und initiiert eine Dynamisierung der kulturellen Förderung.
Kulturelle Teilhabe
Bei seinen kulturellen Zukunftsinvestitionen hebt der Gemeinderat insbesondere die kulturelle Teilhabe hervor, die eine immer wichtigere Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt spielt. Damit Zugänge zu Einrichtungen und kulturellen Angeboten für Jugendliche gerade nach der Pandemie erleichtert werden, hat der Gemeinderat einen Kulturpass und hierfür zunächst für zwei Jahre jeweils 500.000 Euro inklusive einer hieraus finanzierten Personalstelle (75 Prozent) beschlossen, die beim Netzwerk Kulturelle Bildung Stuttgart (KUBI-S) angesiedelt sein wird. Mit den bewilligten Sachmitteln sollen jährlich alle Stuttgarterinnen und Stuttgarter, die das 16. Lebensjahr vollenden, zum Geburtstag ein Guthaben im Wert von jeweils 100 Euro erhalten, das innerhalb von zwei Jahren beispielsweise für den Besuch von Kultureinrichtungen oder den Kauf von Büchern genutzt werden soll. Begleitend auf diesem Weg zu einer Kultur für alle und mit allen schafft der Gemeinderat zudem eine halbe Stelle einer Diversitätsagentin/eines Diversitätsagenten.
Das Lernmobil, ein Gemeinschaftsprojekt der Stuttgarter Bildungspartnerschaft und der Stadtbibliothek, unterstützt Kinder und Jugendliche, die in prekären Wohnsituationen leben und oft keinen eigenen Arbeitsplatz zum Lernen haben. Die bisher aus Projektmitteln finanzierte Personalstelle wird nun um eine zweite feste Stelle verstärkt.
Fraktionsübergreifende Zustimmung erntete zudem der Antrag zum „Lückenschluss im Netz der Stadtteilbibliotheken“. Gestartet werden soll in Hedelfingen mit dem Ziel, einen attraktiven Lern- und Begegnungsort real erlebbarer Kultur zu schaffen. Für eine sogenannte Pop-up-Bibliothek hat der Gemeinderat eine Vollzeitstelle für eine Kinderbibliothekarin/einen Kinderbibliothekar beschlossen sowie 15.000 Euro für Medien zur Verfügung gestellt. Die Pop-up-Bibliothek soll mit einem klar zugeschnittenen Medienbestand insbesondere für Kinder und Jugendliche erste stationäre Bibliotheksangebote machen und durch eine frühzeitige Vernetzung im Stadtteil die passende Ausgestaltung der zukünftigen Angebote vorbereiten.
Auch die Stuttgarter Musikschule erhält weitere 2,5 Personalstellen und 140.000 Euro im Jahr 2023 sowie ab 2024 jährlich 14.000 Euro Sachmittel zur Erweiterung und Fortführung des erfolgreichen Bildungskooperationsprojekts „Musik für alle“, das Kindern die Möglichkeit bietet, im Rahmen der Ganztagesschule ein Instrument zu erlernen.
Im referats- und ämterübergreifend angelegten Haushaltspaket Inklusion 3.0 werden für 2022 und 2023 insgesamt 172.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Mittel sollen verwendet werden, um Konzert- und Kulturveranstaltungen barrierefrei zu ermöglichen. Außerdem sollen in den städtischen Museen spezielle Medienformate mit Voice over und Führungen in Gebärdensprache sowie kontrastreiche und taktile Informationen angeboten werden.
Für zunächst vier Jahre wird die Kulturinitiative Bohnenviertel neu in die institutionelle Förderung des Kulturamts aufgenommen. Darüber hinaus werden die Förderungen für die Kinderwerkstatt in der Jugendkunstschule (plus 40.000 Euro), das Theater La Lune (plus 20.000 Euro), Eliszis Jahrmarktstheater (plus 26.000 Euro), Ars Narrandi (plus 30.000 Euro) und den Verein Ausdrucksreich (plus 5.000 Euro) erhöht. Auch die Volkshochschule erhält weitere städtische Mittel für ihre laufende Arbeit (plus 444.000 Euro in 2022 und 541.000 Euro ab 2023) sowie in 2022 und 2023 jeweils 333.000 Euro für den Ausbau digitaler Formate.
Auch der Planungsstab der Villa Berg für das bürgerschaftlich erarbeitete und inklusiv geplante „Haus für Musik und mehr“ wird um 1,5 Stellen sowie um jeweils 60.000 Euro Projektmittel in 2022 und 2023 erweitert.
Kulturelle Stadtentwicklung
Für die kulturelle Stadtentwicklung sieht der Gemeinderat im Doppelhaushalt 2022/2023 daher zahlreiche Maßnahmen vor. Neben den Mitteln für die Pop-up-Bibliothek in Hedelfingen und das Lernmobil werden insbesondere Einrichtungen unterstützt, die von der Entwicklung des Teilgebiets C1 Stuttgart Rosenstein bei den Wagenhallen betroffen sind. So erhält die Ateliergemeinschaft Bauzug 3YG eine Unterstützung für den Umzug auf die Fläche der ehemaligen DB-Wohnheime und die notwendigen Investitionen in Höhe von 970.000 Euro sowie einmalig für Personal in Höhe von 77.400 Euro. Die Ateliergemeinschaft contain’t e.V. erhält standortunabhängig 604.000 Euro Umzugs- und Investitionsmittel sowie jeweils 117.400 Euro für Personal in 2022 und 2023, um neuen Raum zu finden.
Auch die auf dem Zollamt-Areal in Bad Cannstatt gegenüber dem Stadtarchiv beheimatete Kulturinsel, die als Begegnungsort für Kulturschaffende, Neu-Stuttgarter sowie für die Bevölkerung im Quartier und darüber hinaus fungiert, erhält für die weiter bestehenden Einschränkungen aufgrund der Bau- und Sanierungsmaßnahmen im Rahmen der Gesamterneuerung Neckarpark eine Verlängerung der institutionellen Förderung in Höhe von 175.000 Euro bis zum Jahr 2025.
Der Gemeinderat stellt zudem 200.000 Euro Renovierungs- und Mietzuschuss für eine kulturelle Zwischennutzung für Kulturschaffende in den derzeit leerstehenden städtischen Räumlichkeiten der ehemaligen Schwaben-Bräu-Passage am Bahnhof Bad Cannstatt zur Verfügung.
Erinnerungskultur
Geschichtsvermittlung und die Stärkung der Erinnerungskultur stehen im Fokus zahlreicher Förderungen und Investitionen, die der Gemeinderat ab 2022 vorsieht: Die bereits etablierte Koordinierungsstelle Erinnerungskultur wird um eine Personalstelle erweitert, insbesondere um die Kommunikation und Vernetzung in die Breite der Stadtgesellschaft hinein voranzutreiben. Zusätzlich stehen 150.000 Euro im Jahr an Sachmitteln zur Verfügung. Entscheidend forciert werden damit unter anderem die Einrichtung eines stadtweiten Netzwerks und die strategische Aufarbeitung von weißen Flecken der Erinnerung in Stuttgart. Einer der Schwerpunkte wird dabei die Beschäftigung mit der Rolle Stuttgarts als „Knotenpunkt des Kolonialen“ sein, die auch im Rahmen eines Promotionsprojekts tiefgehender erforscht werden soll. Außerdem bewilligt wurden die unbefristete Erhöhung der institutionellen Förderung für die Initiative Lern- und Gedenkort Hotel Silber (plus 7.000 Euro) sowie zusätzliche Mittel für das Projekt „StolperKunst“ (plus jeweils 25.000 Euro in 2022 und 2023). Die Initiative Stuttgarter Stolpersteine erhält 10.500 Euro für einen neuen Internetauftritt, der Verein Zeichen der Erinnerung 25.000 Euro für den Gedenkort am Stuttgarter Nordbahnhof.
Fördermittel für Freie Szenen
Sehr wichtig ist der Stadt Stuttgart die finanzielle Stabilisierung der kulturellen Einrichtungen. Daher hat der Gemeinderat den Einstieg in die Dynamisierung institutioneller Zuwendungen bei ausgewählten etablierten Theatern beschlossen. Die Solidargemeinschaft Stuttgarter Theater, bestehend aus 16 Privattheatern wie den Schauspielbühnen, dem Theater der Altstadt, dem JES (Junges Ensemble Stuttgart), dem FITZ (Zentrum für Figurentheater Stuttgart), dem Theaterhaus und dem Theater Rampe, erhält eine Erhöhung der institutionellen Förderung um jeweils 4,6 Prozent für die kommenden zwei Jahre. Insgesamt stellt der Gemeinderat hierfür jeweils 542.000 Euro zur Verfügung.
Im Interesse einer angemessenen Honorierung von Künstlern und Kulturschaffenden sieht der Gemeinderat eine dauerhafte Erhöhung der Projektförderung um insgesamt 60.000 Euro vor. Damit werden die Förderfonds der Fachbereiche Bildende Kunst, Darstellende Kunst, Literatur, Musik sowie Kultur im öffentlichen Raum aufgestockt. Der Gemeinderat möchte damit sicherstellen, dass beteiligte Künstler an geförderten Projekten eine gerechte Bezahlung ihrer Leistungen sowie eine soziale Absicherung über die Künstlersozialkasse erfahren. Auch für Künstler, deren Werke in Stuttgarter Kultureinrichtungen ausgestellt werden, soll künftig ein angemessenes Honorar gewährleistet werden. Unter Beteiligung von Akteuren der Kunstszene soll ein Konzept entwickelt werden, das den Stuttgarter Verhältnissen gerecht wird. Hierfür beschließt der Gemeinderat zunächst 50.000 Euro Konzeptentwicklungskosten, von 2023 bis 2026 sind 210.000 Euro für die Förderung vorgesehen.
Neben der Stabilisierung freier Kulturarbeit soll außerdem der internationale Austausch, zunehmend auch der freien Szenen, verstärkt werden. Im Zusammenspiel beispielsweise mit der Akademie Schloss Solitude oder dem Institut für Auslandsbeziehungen sollen 50.000 Euro Projektmittel zur stärkeren Vernetzung führen.
Kunst im öffentlichen Raum
Ab 2022 stellt der Gemeinderat für die Dauer von vier Jahren insgesamt 1 Million Euro jährlich inklusive 2,5 Personalstellen für Kunst im öffentlichen Raum bereit. In einem Beteiligungsprozess mit Kunst- und Kulturschaffenden, Ämtern und Mitgliedern des Gemeinderats soll ein sogenanntes „Stuttgarter Modell“ erarbeitet werden. Die Projektentwicklung soll neben Erhalt und Pflege des Kunstbestands im öffentlichen Raum vor allem auch die Vermittlung und Förderung von Kunstprojekten bis hin zu Ausschreibung von Wettbewerben und Durchführung von Festivals umfassen. Das Konzept Kunst im öffentlichen Raum soll mit dem partizipativ gedachten Ansatz alle Gesellschaftsgruppen wie auch internationale Positionen im Zusammenspiel mit lokalen Akteuren erschließen.
„Haus für Film und Medien“ & Filmkultur
Eines der größten Kulturprojekte der nächsten Jahre ist das Haus für Film und Medien. Die Eröffnung des im Leonhardsviertel geplanten Baus ist für 2027 geplant. Insgesamt sollen 47 Millionen Euro investiert werden. Im Jahr 2020 wurden bisher 2,5 Millionen Euro bereitgestellt, weitere 44,5 Millionen Euro sind für Planungs- und Baukosten in den nächsten Jahren vorgesehen. Die Planungen schreiten planmäßig voran. Das Preisgericht für den baulichen Realisierungswettbewerb tagt bereits im Februar 2022. Der Verein Haus für Film und Medien e.V. erhält Mittel in Höhe von 326.000 Euro (2022) und 395.00 Euro (2023). Bereits vor Eröffnung des Hauses soll durch digitale Veranstaltungsformate Interesse für das Projekt geweckt werden. Zudem werden weitere Mittel in Höhe von jährlich 30.000 Euro bereitgestellt, um Initiativen, Vereinen und kleinere Festivals die Möglichkeit zu geben, den Diskurs über Film- und Kinokultur in bestehenden Filmtheatern und darüber hinaus zu verstärken.