Die Ehrenbürgerwürde ist die höchste Anerkennung, die eine Kommune aussprechen kann. Demzufolge schlägt die baden-württembergische Gemeindeordnung vor, mit dieser Auszeichnung sorgfältig umzugehen. Das nimmt sich der Stuttgarter Gemeinderat, der über die Vergabe entscheidet, auch zu Herzen: Seit 1945 haben gerade einmal neun Persönlichkeiten den Stuttgarter Ehrenbürgerbrief erhalten.
Die Gründe für die Verleihung dieser Auszeichnung sind vielfältig: Wolfgang von Mögling erhielt die Ehrenbürgerwürde für den Bau eines Wohnhauses, Dominika von Wiesenhütten - übrigens die einzige Ehrenbürgerin - für ihre Mildtätigkeit, Georg von Jäger für seine Verdienste um die Wissenschaften, Theodor Heuss bekam die Anerkennung als "Wegbereiter eines friedlich geeinten neuen geistigen Deutschland".
Auf alle Fälle haben die Stuttgarter Ehrenbürger ihre Spuren in der Stadt oder in unserem Leben hinterlassen.
Stuttgarter Ehrenbürger von 1945 bis heute
Professor Dr. Theodor Heuss (1884-1963): Theodor Heuss war Politiker und Staatsmann, Journalist und Literat. Als erstes Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland warb er im Inland wie im Ausland um Vertrauen für eine noch junge demokratische Nation. Ehrenbürger seit 1954.
Karl Lautenschlager (1868-1952), Oberbürgermeister a.D.: Karl Lautenschlager wurde erstmals 1911 zum Stuttgarter Oberbürgermeister gewählt und in den Jahren 1921 und 1931 in seinem Amt bestätigt. Unter seiner Regie entwickelte sich Stuttgart zur modernen Großstadt und zum Wirtschaftszentrum. Im Jahr 1933 jagten ihn die Nazis aus dem Amt. Ehrenbürger seit 1945.
Dr. Reinhold Maier (1889-1971): Schon vor 1933 und erst recht nach 1945 hielt Dr. Reinhold Maier die Solidarität aller Demokraten gegen radikale Kräfte für unerlässlich. 1945 übertrug ihm die amerikanische Militärregierung das Amt des Ministerpräsidenten von Württemberg-Baden. Zusammen mit Gebhard Müller wurde Maier einer der Vorkämpfer eines vereinigten Südweststaats. Am 24. April 1952 wählte die Verfassungsgebende Landesversammlung Reinhold Maier zum ersten Ministerpräsidenten des neu geschaffenen Baden-Württemberg. Ehrenbürger seit 1969.
Dr. Gebhard Müller (1900-1990): Von 1953 bis 1958 war Dr. Müller zweiter Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, anschließend war er bis 1971 Präsident des Bundesverfassungsgerichts. Den Politiker und Juristen, aber auch den Menschen Gebhard Müller charakterisieren seine Aussage: "Von dem freiwilligen Bemühen der Einzelnen, von ihrer Haltung, ihrem guten Willen und ihrem Pflichtbewusstsein hängt es letztlich ab, ob man viel oder wenig Staat braucht." Ehrenbürger seit 1975.
Pierre Pflimlin (1907-2000): Für Pierre Pflimlin war eines dieser wesentlichen Dinge des Lebens die Einigung Europas. Der Franzose setzte sich dafür konsequent in all seinen Ämtern ein. Für Europa verzichtete Pierre Pflimlin auf eine nationale Karriere. Ehrenbürger seit 1982.
Professor Dr. h.c. Manfred Rommel (1928 - 2013), Oberbürgermeister a.D.: 22 Jahre lang, von 1974 bis 1996, lenkte er als Oberbürgermeister die Geschicke der Landeshauptstadt Stuttgart. Als begnadeter Redner, Begründer der liberalen Ausländerpolitik Stuttgarts, Botschafter für die Völkerverständigung und Verfechter einer soliden städtischen Finanzpolitik entwickelte sich Manfred Rommel über die Parteigrenzen hinaus zu einer Integrationsfigur, „zum Weizsäcker der Kommunalpolitik“, wie es Heiner Geißler einmal formulierte. Ehrenbürger seit 1996.
Erwin Schoettle (1899-1976): Erwin Schoettle musste als SPD-Mitglied 1933 aus Deutschland vor den Nazis flüchten und hielt sich im Exil erst im schweizerischen St. Gallen und dann in London auf. Der Journalist und Politiker kam 1946 als Mitherausgeber der Stuttgarter Nachrichten nach Stuttgart zurück. Von 1961 bis 1969 war er Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Ehrenbürger seit 1975.
Dr. Richard von Weizsäcker (1920-2015): Am 23. Mai 1984 wurde der in Stuttgart geborene Dr. Richard Freiherr von Weizsäcker der sechste Präsident der Bundesrepublik Deutschland. Die Aussöhnung mit dem Ostblock, Gespräche mit der damaligen DDR und die Unterstützung des Reformprozesses in der von Michael Gorbatschow geführten Sowjetunion waren seine Anliegen während seiner Amtszeit. Aufsehen und Respekt erregte seine Rede zum 40. Jahrestag der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945. Ehrenbürger seit 1990.
Professor Dr. Wolfgang Schuster (1949 geboren), Oberbürgermeister a.D.: Wolfgang Schuster wurde am 5. September 1949 in Ulm geboren und war von Januar 1997 bis Januar 2013 Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart. Mit der Verleihung der Ehrenbürgerwürde wurden seine Verdienste gewürdigt, Stuttgart zu einer wirtschaftlich führenden, weltoffenen und besonders lebenswerten Stadt weiterentwickelt zu haben. Ehrenbürger seit 2012.
Stuttgarter Ehrenbürger von 1900 bis 1945
Robert Bosch (1861-1942): Bosch gründet 1886 in Stuttgart eine Werkstatt für elektrische Anlagen, aus der sich eine Weltfirma entwickelte. Vor allem die Erfindung des elektrischen Magnetzünders ("Bosch-Zündkerze") schuf dafür ab 1905 die Voraussetzung und war für die Entwicklung des Autos von großer Bedeutung. Ehrenbürger seit 1917.
Julius Carl von Bach (1847-1931): Der Ingenieur war Professor für Maschinenbau an der Technischen Hochschule Stuttgart, wo er 1883 eine Materialprüfungsstelle einrichtete. Ehrenbürger seit 1927.
Hermann Freiherr von Mittnacht (1825-1909): Als württembergischer Ministerpräsident (1870 bis 1900) bewährte sich von Mittnacht besonders in den Verhandlungen über den Beitritt Württembergs zum entstehenden Deutschen Reich. Ehrenbürger seit 1900.
Eduard von Pfeiffer (1835-1921): Er war Mitbegründer des "Vereins für das Wohl der arbeitenden Klassen", der zum Beispiel in Ostheim preiswerte Wohnungen für Arbeiter baute. Ehrenbürger seit 1909.
Ferdinand Graf von Zeppelin (1814-1917): Am 2. Juli 1900 stieg das erste von ihm gebaute Luftschiff vom Boden auf - es folgten mehr als 100 weitere erfolgreiche Konstruktionen. Ehrenbürger seit 1908.
Eduard Zeller (1814-1908): Der evangelische Theologe und Philosoph widmete sich vor allem der Erforschung des Urchristentums. Ehrenbürger seit 1906.
Stuttgarter Ehrenbürger von 1850 bis 1900
Gustav Adolf Breymann (1807-1859): Der Architekturprofessor erhielt den Ehrenbürgerbrief für die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr in Stuttgart. Ehrenbürger seit 1854.
Otto Fürst von Bismarck (1815-1898): Dem Reichskanzler wurde der Ehrenbürgerbrief verliehen für seine "unvergänglichen Verdienste um des geliebten deutschen Vaterlands lang ersehnte Einigung und Festigung".
Ehrenbürger seit 1890.
Joseph von Egle (1818-1899): Als Hofbaumeister war von Egle zum Beispiel für den Bau des Polytechnikums und der Baugewerkeschule verantwortlich. Zweimal im Jahr verleiht die Landeshauptstadt den Joseph-von-Egle-Preis an Absolventen der Hochschule für Technik. Ehrenbürger seit 1864.
Ludwig von Gaab (1800-1869): Der Oberbaurat hatte die Leitung über den Bau der Neuen Kirche in Berg sowie über den Bau des Kronprinzenpalais. Ehrenbürger seit 1855.
Karl von Gerok (1815-1890): Der Dekan, Oberkonsistorialrat, Oberhofprediger und Dichter erhielt die Ehrenbürgerwürde für sein Wirken als geistlicher Stadtvorstand und Seelsorger. Ehrenbürger seit 1866.
Ludwig von Golter (1823-1876): Von Golter war württembergischer Kultusminister und wurde für seine Tätigkeit auf dem Gebiet des höheren und des niederen Schulwesens ausgezeichnet. Ehrenbürger seit 1864.
Ludwig von Hofer (1801-1887): Als Hofbildhauer schuf er zum Beispiel das Reiterstandbild des Grafen Eberhard im Bart im Hof des Alten Schlosses und das Reiterstandbild König Wilhelms I. vor der Alten Staatsgalerie. Ehrenbürger seit 1884.
Wilhelm Friedrich von Ludwig (1790-1865): Der Königliche Leibarzt wurde für seine Leistungen und Anstrengungen bei der letzten glücklich überstandenen Krankheit des württembergischen Königs Wilhelm I. ausgezeichnet. Ehrenbürger seit 1858.
Hugo Freiherr von Obernitz (1819-1901): Von Obernitz wurde für seine - aus damaliger Sicht - hohen Verdienste als Kommandierender General im Frankreichfeldzug 1870/71 ausgezeichnet. Ehrenbürger seit 1871.
Karl Bernhard Freiherr von Reitzenstein (1809-1885): Der Generalleutnant erhielt die Ehrenbürgerwürde für seine "heldenmütige Tapferkeit" als Führer der württembergischen Truppen in der Schlacht von Champigny 1870. Ehrenbürger seit 1871.
Andreas von Renner (1814-1898): Der Staatsminister der Finanzen erhielt die Ehrenbürgerwürde vor allem für sein "stets freundliches und wohlwollendes Einvernehmen der Königlichen Staats-Finanzverwaltung mit der Stadt". Ehrenbürger seit 1887.
Heinrich von Sick (1822-1881): Der Jurist wurde 1862 Stadtschultheiß, später Oberbürgermeister von Stuttgart, 1872 ernannte ihn der württembergische König zum Minister des Innern. Ehrenbürger seit 1872.
Ludwig Freiherr von Wiesenhütten (1786-1859) und Dominika Freifrau von Wiesenhütten (1812-1858): Das Ehepaar erhielt den Ehrenbürgerbrief für die "den hiesigen Armen bewiesenen Wohltaten". Ehrenbürger seit 1857.
Stuttgarter Ehrenbürger von 1800 bis 1850
Ludwig August von Gärttner (1790-1870): Er war Stadtdirektor, Abgeordneter, Präsident der Ober-Rechnungs-Kammer und zugleich Vorstand der Zentralleitung des Wohltätigkeitsvereins und der Ablösungskasse. Ehrenbürger seit 1828.
Christian Heinrich von Günzler (1758-1824): Der Regierungsrat und Stadtoberamtmann erwarb sich besondere Verdienste zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als französische Truppen in Stuttgart einquartiert waren. Ehrenbürger seit 1801.
Georg von Jäger (1784-1866): Der Obermedizinalrat und Paläontologe erhielt die Auszeichnung insbesondere als Geschäftsführer der zwölften Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte im Jahr 1834. Ehrenbürger seit 1835.
Carl Friedrich von Kielmeyer (1765-1844): Er war Naturforscher, Professor der Zoologie, Chemie, Botanik und Pharmazie sowie ab 1816 Vorstand der Sammlungen und Anstalten für die Wissenschaften und Kunst in Stuttgart. Ehrenbürger seit 1835.
Karl Ferdinand Freiherr von Ludwig (1784-1847): Der Fabrikant und Bankier in Kapstadt hat das Stuttgarter Naturalienkabinett "auf eine höchst freigebige Weise" mit Ausstellungsstücken bereichert. Ehrenbürger seit 1837.
Wolfgang von Mögling (1771-1813): Der Geheime Legationsrat wurde für den Bau eines Wohnhauses in der Königstraße 5 gratis ins Bürgerrecht aufgenommen. Ehrenbürger seit 1807.
Paul von Pfizer (1801-1867): Der führende Kopf der deutschen Demokratiebewegung wurde 1848 in die Deutsche Nationalversammlung gewählt und zum Kultusminister ernannt. Ehrenbürger seit 1847.
Karl Ludwig Freiherr von Reichenbach (1788-1869): Chemiker, Naturforscher und -philosoph und Industrieller. Reichenbach wusste Zeit seines Lebens naturwissenschaftliche Erfindungsgabe und unternehmerisches Geschick zu vereinen. Nach der Promotion, arbeitete er für die Eisenhüttenwerke des Grafen Salm im mährischen Blansko, erfand nebenbei das Paraffin und das Antiseptikum Kreosot und brachte es zu einem bedeutenden Vermögen. Ehrenbürger seit 1836.
Georg von Reinbeck (1766-1849): Dem Hofrat, Dichter, Ästhetiker und Professor am Stuttgarter Gymnasium wurden die Ehrenbürgerrechte als Anerkennung seiner Dienste um die Errichtung des Schillerdenkmals verliehen. Ehrenbürger seit 1839.
Carl Freiherr Graf von Reischach(1763-1834): Laut Ernennungsurkunde hat er "besonders in den Jahren 1796, 1800 und 1801 während der französischen Kriege" wichtige Dienste für die Stadt geleistet. Ehrenbürger seit 1801.
Friedrich von Römer (1794-1859): Von Römer war Chef des Departements der Justiz im Märzministerium 1848, Abgeordneter und 1851 Präsident der württembergischen Kammer. Ehrenbürger seit 1848.
Bertel von Thorvaldsen (1770-1844): Der bekannte dänische Bildhauer schuf das Stuttgarter Schillerdenkmal auf dem Schillerplatz, als Ausdruck des Dankes erhielt er den Ehrenbürgerbrief. Ehrenbürger seit 1841.
Jakob Friedrich von Weishaar (1775-1834): Der Jurist war zwölf Jahre lang Präsident der Abgeordnetenkammer, 1832 wurde er württembergischer Minister des Innern und des Kultus. Ehrenbürger seit 1819.