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Landeshauptstadt Stuttgart

Artenschutz

Stadt Stuttgart reduziert Lichtverschmutzung

Die Stadt setzt sich dafür ein, nachtaktive Tiere und Insekten in ihrem natürlichen Lebensraum besser zu schützen. Um die sogenannte Lichtverschmutzung in Stuttgart zu reduzieren, schaltet die Verwaltung die nächtliche Beleuchtung auf ausgewählten Außerortsstrecken schrittweise vollständig ab.

Lichtverschmutzung ist einer der wesentlichen Faktoren für den deutlichen Rückgang der Artenvielfalt. Deshalb schaltet die Verwaltung die nächtliche Beleuchtung auf ausgewählten Außerortsstrecken schrittweise vollständig ab.

Das Konzept hat die Stadt am Freitag, 29. November, dem Ausschuss für Klima und Umwelt vorgestellt. Mit der Regelung kommt die Landeshauptstadt Vorgaben aus dem Naturschutzgesetz des Landes Baden‐Württemberg nach. Es sieht unter anderem vor, dass künstliche Beleuchtung etwa in Außenbereichen zu vermeiden ist, um Ökosysteme besser zu schützen. Neben dem positiven Einfluss auf die artenreiche Tier- und Pflanzenwelt wird in Stuttgart eine Stromeinsparung von insgesamt bis zu 350 Megawattstunden pro Jahr erwartet. Dies entspricht circa zwei Prozent des aktuellen Verbrauchs der Straßenbeleuchtung.

Auf 30 Außerortsstrecken im Stadtgebiet hatte die Verwaltung bereits in diesem Sommer rund 550 Laternen dauerhaft abgeschaltet. An vier weiteren Außerortsstrecken hat sie zudem eine temporäre Abschaltung zur Nachtzeit zwischen 23 und 6 Uhr eingerichtet (Elsental, Königsträßle, Frauenkopfstraße und Sillenbuch-Ruhbank). Ab 2025 kommen 51 weitere Strecken mit einer zeitgesteuerten Abschaltung hinzu.

Peter Pätzold, Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt, sagte: „Lichtverschmutzung ist einer der wesentlichen Faktoren für den deutlichen Rückgang der Artenvielfalt. Es ist richtig und wichtig, dass die Beleuchtung gerade im Außenbereich auf das erforderliche Maß reduziert wird. Nur so werden wir der gesetzlich verankerten Vorbildfunktion der öffentlichen Hand gerecht.“

Der Begriff Lichtverschmutzung beschreibt die Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen. Sie kann zum Problem für Lebewesen werden, die dämmerungs- und nachtaktiv sind. Dies betrifft 60 Prozent der Insekten- und 30 Prozent der Säugetierarten. Die Aufhellung der Nacht hat in Deutschland in den letzten Jahren erheblich zugenommen, pro Jahr um circa sechs Prozent.

Arbeitskreis Stadtbeleuchtung hat Abschaltungen ausführlich geprüft

Die Tier- und Pflanzenwelt sind auf wechselnde Lichtverhältnisse angewiesen. Um den natürlichen Lebensraum von Flora und Fauna besser zu schützen, hat das Amt für Umweltschutz diesen Sommer mit dem Arbeitskreis Stadtbeleuchtung eingehend geprüft, welche Strecken außerorts zwingend beleuchtet werden müssen und wo die Straßenleuchten im Sinne des Artenschutzes zeitweise oder vollständig abgeschaltet werden können. Beteiligt sind daran außerdem das Tiefbauamt, das Garten-, Friedhofs- und Forstamt, das Amt für Stadtplanung und Wohnen, das Amt für öffentliche Ordnung, die Kommunale Kriminalprävention sowie Stuttgart Netze.

Die Arbeitsgruppe hat die Sicherheit auf jeder Strecke einzeln bewertet und gründlich geprüft, an welchen Stellen auf Beleuchtung verzichtet werden kann. Die Straßen‐ und Gehwegbeleuchtung ausgewählter Strecken wurde daraufhin auf das für die Sicherheit erforderliche Maß beschränkt. Die Beleuchtung an Gefahrenstellen, Schulwegen und Zugängen zu ÖPNV-Haltestellen bleibt gewährleistet.

An verschiedenen Stellen prüft die Stadt aktuell den Einsatz von Bewegungsmeldern, durch deren Steuerung das Straßenlicht seine volle Helligkeit entfaltet, sobald sich jemand nähert. Zum Beispiel messen rund um den Hafen Radarsensoren den Verkehrsfluss an den einzelnen Straßenlaternen, um die Beleuchtung an den tatsächlichen Bedarf anzupassen.

Der Leiter des Amts für Umweltschutz, Andreas Neft, sagte dazu: „Die Stadtverwaltung hat sich intensiv mit allen betroffenen Außerortsstrecken auseinandergesetzt. In einem ämterübergreifenden Abwägungsprozess wurde mit Augenmaß versucht, die Belange des Artenschutzes mit Belangen der Sicherheit bestmöglich in Einklang zu bringen.“

Moderne Flutlichtanlagen und neue Vorgaben bei Fassadenbeleuchtung

Auch auf Sportplätzen sind derzeit noch vermehrt alte Flutlichter im Einsatz, die weit über das Spielfeld hinaus in die Umgebung abstrahlen. In den kommenden Jahren sollen moderne Flutlichtanlagen auch die Lichtverschmutzung hier deutlich reduzieren. Angestrahlte Fassaden tragen ebenfalls zur Problematik bei. Seitdem die Landesregierung 2020 das Naturschutzgesetz reformiert hat, ist für die Beleuchtung von Fassaden eine Genehmigung der städtischen Naturschutzbehörde erforderlich.

Die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf die Tierwelt und unsere Ökosysteme sind vielseitig und weitreichend. Künstliches Licht lenkt Zugvögel von ihren gewohnten Routen ab. Auch das Fortpflanzungs- und Brutverhalten von Vögeln verändert sich durch die künstliche Verlängerung des Tageslichts. Für den Nachwuchs kann eine verfrühte Ablage der Vogeleier kritisch sein, wenn in der Phase des maximalen Nahrungsbedarfs nicht ausreichend Nahrung verfügbar ist. Insekten kreisen unablässig im Lichtkegel der Lampen und fallen unter Umständen erschöpft auf den Boden und sterben. Weil die meisten Fledermausarten beleuchtete Gebiete vermeiden, müssen sie auf der Jagd große Umwege fliegen, was ihre Überlebens- und Fortpflanzungsrate senkt.

Der Arbeitskreis Straßenbeleuchtung nimmt Anregungen und Hinweise aus der Bevölkerung und den kommunalen Gremien auf und überprüft das Konzept fortlaufend.

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