Die Landeshauptstadt, das Land Baden‐Württemberg und das Polizeipräsidium Stuttgart arbeiten in einer Sicherheitspartnerschaft eng zusammen. Diese wurde nach der "Krawallnacht" 2020 weiterentwickelt. Es entstand das Konzept „Stuttgart sicher erleben", das zum Ziel hat, solche Ereignisse künftig zu verhindern.
Nach wie vor ist Stuttgart trotz der Ereignisse im Frühsommer 2020 eine der sichersten Großstädte in Deutschland. Zahlen belegen, dass sich die Kriminalität in der Innenstadt von Stuttgart bei der die Bevölkerung besonders belastenden Gewaltkriminalität, der Straßenkriminalität und den Aggressionsdelikten im öffentlichen Raum auf dem Niveau der Vorjahre bewegt. Dennoch haben der Frühsommer 2020 und die durch die Corona-Pandemie bedingten Entwicklungen an Wochenenden auf zentralen Plätzen in der Innenstadt Sorge in der Bevölkerung ausgelöst.
Maßnahmen für besseres Sicherheitsgefühl
Die Landeshauptstadt begegnet diesen Entwicklungen mit der „Konzeption für eine sichere Innenstadt“, die eine Ergänzung der Sicherheitspartnerschaft „Stuttgart sicher erleben“ darstellt. Ziel ist es, durch ein Bündel an Maßnahmen das Sicherheitsgefühl der Menschen gerade in den Abendstunden und an den Wochenenden zu verbessern. Alle Menschen, ob jung oder alt, sollen sich im öffentlichen Raum wohlfühlen und in angenehmen Miteinander ihre Zeit verbringen können.
Das Programm „Sauberes Stuttgart“
Mit dem Konzept „Sauberes Stuttgart“ hat die Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren bereits viel auf den Weg gebracht, um die Abfallvermeidung und ‐entsorgung im öffentlichen Raum zu verbessern. Es besteht jedoch der Bedarf an weiteren Maßnahmen. So wurden für ein sicheres und sauberes Stuttgart Finanzmittel in Höhe von 1 Mio. Euro pro Jahr in den Doppelhaushalt 2022/2023 und die Finanzplanung eingestellt.
Gesamtkonzept für öffentliche Flächen
Die Stadt hat in diesem Zuge ein Gesamtkonzept für die Bespielung öffentlicher Flächen entwickelt, an dem sich der gezielte Einsatz dieser Mittel orientieren wird. Zudem sollen an weiteren Plätzen und Anlagen, die sich als Hauptanlaufstellen der öffentlichen Nutzung herausgestellt haben, mehr Toiletten und mehr Abfalleimer aufgestellt und die Reinigung im Bedarfsfall verstärkt werden.
Private Sicherheitsdienste, Sportangebote und Veranstaltungen
Ebenso kann aus diesem Topf der Einsatz privater Sicherheitskräfte zur Ergänzung von Städtischem Vollzugsdienst und Polizei finanziert werden. Aber auch die gezielte Belegung kritischer Flächen mit Sportangeboten oder Veranstaltungen kann finanziell unterstützt werden.
Mehr Stellen für den städtischen Vollzugsdienst
Außerdem hat der Gemeinderat 30 neue Stellen für den Städtischen Vollzugsdienst (SVD) geschaffen, wodurch der SVD sukzessive auf insgesamt 100 Stellen erhöht wird. Der Städtische Vollzugsdienst wird damit in die Lage versetzt, die zahlreichen bisherigen Aufgaben im Rahmen seines Streifendienstes häufiger und nachhaltiger zu erfüllen. Außerdem werden die Möglichkeiten für flexiblere Schwerpunkteinsätze gerade auch bei der Überwachung öffentlichen Plätze und Anlagen erhöht.
Konzeption für eine sichere Innenstadt
Stadt und Land wollen in engem Schulterschluss die Sicherheitslage im innerstädtischen Bereich wieder verbessern, das Sicherheitsgefühl verstärken und öffentlichen Angsträumen entgegenwirken. Dazu wurden konkrete Maßnahmen beschlossen und zehn Aktionsfelder definiert, insbesondere für den innerstädtischen Bereich in den Abend‐ und Nachtstunden der Wochenenden.
1. Brennpunktorientierte Präsenzstreifen, Kontrollmaßnahmen und Schwerpunktaktionen
Die Polizei in Stuttgart stellt lageorientiert einen hohen Kräfteansatz für die „Sicherheitskonzeption Stuttgart“ (SKS) sicher. Lageabhängig werden zielgerichtet Kräfte des Polizeipräsidiums eingesetzt. Dabei arbeitet sie eng mit weiteren Partnern – insbesondere der Bundespolizei – zusammen und prüft niederschwellig die Möglichkeit gemeinsamer Einsätze sowie Zusammenarbeitsformen wie etwa Fahndungstagen.
2. Schwerpunktaktionen im öffentlichen Raum
Um das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zusätzlich zu stärken, werden alle verfügbaren Kräfte im innerstädtischen Bereich bei Fahndungstagen gebündelt. So können gezielt die Rauschgiftkriminalität, aber auch Verstöße gegen gewerbe‐ und jugendschutzrechtliche Vorschriften kontrolliert und sanktioniert werden. Die Kontrollen werden von Zivilkräften begleitet. Diese Schwerpunktaktionen umfassen auch An‐ und Abreisewege zu relevanten Zeiten am Wochenende.
3. Einrichtung einer spezifischen Ermittlungseinheit
Die Bearbeitung von Gewaltstraftaten und Straftaten gegen die öffentliche Ordnung in der Innenstadt an den Wochenenden wird durch eine spezifische Ermittlungseinheit übernommen. Hier liegt die Annahme zugrunde, dass Personen immer wieder gezielt die Stuttgarter Innenstadt aufsuchen und hier Straftaten verüben. Die spezifische Ermittlungseinheit soll diese Intensivtäter identifizieren und die Ermittlungsverfahren zentral bearbeiten.
4. Konsequentes Vorgehen gegen Intensivtäter
Die landesweite Konzeption zur Erkennung und Bearbeitung von Mehrfach‐ und Intensivtätern Baden‐Württemberg (MIT‐BW) für Tatverdächtige ab 18 Jahren soll konsequent angewendet werden. Dadurch können anwachsende kriminelle Karrieren frühzeitig erkannt und es kann rechtzeitig interveniert werden. Auch einschlägige Delikte wie Widerstand gegen bzw. tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte, Landfriedensbruch und besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs werden hierbei in den Fokus genommen.
Maßnahmen gegenüber Mehrfach- und Intensivtätern, die aus dem Ausland kommen, werden durch zwei Sonderstäbe koordiniert. Der „Sonderstab Gefährliche Ausländer“ ist beim baden-württembergischen Innenministerium angesiedelt und der „Regionale Sonderstab Gefährliche Ausländer“ beim Regierungspräsidium Stuttgart. Sie handeln im Rahmen des bundesgesetzlichen Ausländerrechts. Im Bedarfsfall initiieren und koordinieren sie alle erforderlichen Maßnahmen, um zum Beispiel die Voraussetzungen zu schaffen, ein Aufenthaltsrecht eines Mehrfach- oder Intensivtäters zu beenden.
Bei jugendlichen und heranwachsenden Straftätern ist eine enge und institutionalisierte Zusammenarbeit jener Stellen sehr wichtig, die sich mit Jugendkriminalität befassen. Das sind vor allem Staatsanwaltschaften, Jugendämter, Schulen und Polizei. Im Rahmen der „Konzeption Jugendliche Intensivtäter (JUGIT)“ ergreifen sie Maßnahmen, die sich vor allem an dem Leitgedanken der Erziehung orientieren. Dabei ist kriminalpräventives Engagement von besonderer Bedeutung.
5. Das Haus des Jugendrechts erhält mehr Handlungskompetenz im gesamten Stadtgebiet
Das bundesweit erste Haus des Jugendrechts wurde im Jahr 1999 in Stuttgart‐Bad Cannstatt eingeweiht. Es ermöglicht, bei Jugendlichen durch individuelle Prävention und schnelle Aburteilung die Strafe auf dem Fuße folgen zu lassen – ein wichtiger Lerneffekt im Entwicklungsalter. Dies gelingt, da Jugendhilfe, Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht unter einem Dach Hand in Hand arbeiten. Diese Cannstatter Erfolgsgeschichte wird auf das gesamte Gebiet der Landeshauptstadt ausgedehnt.
6. Ein Haus der Prävention in der Innenstadt
Das Bedürfnis der Menschen in der Stuttgarter Innenstadt nach polizeilicher Beratung und sozialer Betreuung ist sowohl tagsüber, als auch zu den Ausgehzeiten groß. Mit dem bundesweit einmaligen Haus der Prävention, soll eine über die Tageszeiten hinausgehende, niederschwellige Anlaufstelle für polizeiliche Beratung und Jugendarbeit geschaffen werden, die auch Schutzräume für gestresste Jugendliche bietet. In diesem interdisziplinären Ansatz ist auch die Schaffung eines Stützpunktes für die nächtliche Streetworkarbeit in der Innenstadt angedacht.
7. Temporäre Videoüberwachung und Beleuchtungskonzept
In der Innenstadt sind ab 27. Mai 2022 23 Kameras zur Videobeobachtung in Betrieb. Damit sind sieben von acht geplanten Kamerastandorten in Betrieb und ein Blick auf alle geplanten Plätze möglich. Bis Ende August sollen alle acht Standorte eingerichtet sein: zwei im Oberen Schlossgarten, vier im Bereich Schlossplatz / Planie / Königstraße und zwei am Kleinen Schlossplatz. Insgesamt werden die Landeshauptstadt und das Land Baden-Württemberg dann 30 Kameras in der Innenstadt betreiben.
Die Kameras sollen das Sicherheitsgefühl in der Innenstadt weiter erhöhen. Straftaten können bereits in der Entstehung erkannt und verhindert sowie Einsatzkräfte gezielter eingesetzt werden. Sollte es dennoch zu Straftaten kommen, helfen die Videoaufnahmen bei der Aufklärung. Die Bilder der Videobeobachtung werden in das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums Stuttgart übertragen. Speziell geschulte Polizistinnen und Polizisten werten die Bilder in Echtzeit aus.
Die Videobeobachtung ist immer in den Nächten von Freitag auf Samstag, von Samstag auf Sonntag sowie vor Feiertagen jeweils zwischen 20 Uhr und 6 Uhr in Betrieb. Zahlreiche Hinweisschilder informieren die Passanten auf das Vorhandensein sowie die Hintergründe der Videobeobachtung. Weitere Informationen finden sich zudem nach der Inbetriebnahme der Videobeobachtung im Internet unter: https://ppstuttgart.polizei-bw.de/videoueberwachung/ (Öffnet in einem neuen Tab)
Ein Beleuchtungskonzept im Bereich Oberer Schlossgarten und Eckensee wurde bereits umgesetzt. Es erhöht die Sicherheit vor Ort und trägt dazu bei, mögliche Angsträume zu beseitigen.
8. Öffentliche Sicherheitskonferenzen
Öffentliche Sicherheitskonferenzen bilden ein Format für einen offenen Dialog. Sie tragen insbesondere zur Stärkung des Sicherheitsgefühls bei, machen Maßnahmen von Polizei und Stadt transparent und greifen Fragen der Bürgerinnen und Bürger auf.
9. Alkoholkonsum‐ und Aufenthaltsverbote
Mit einem Alkoholkonsumverbot kann bei dauerhaftem Verweilen/Lagern und nachhaltigem Alkoholkonsum gegen alkoholbedingte Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorgegangen werden. Stadt, Land und Polizei haben solch ein Verbot im Rahmen der Corona-Pandemie erstmals 2021 für verschiedene Plätze und Bereiche befristet umgesetzt.
Darüber hinaus wurden in einzelnen Fällen, wie etwa an der Treppe am kleinen Schlossplatz auch Aufenthaltsverbote als Maßnahme zur Verhinderung von Straftaten auf der Grundlage einer Gefahrenprognose unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausgesprochen.
10. Zielgerichteter Einsatz des städtischen Vollzugsdienstes
Neben Straftaten beeinträchtigen Ordnungsstörungen regelmäßig das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger. Deshalb setzt Stuttgart zielgerichtet den Städtischen Vollzugsdienst an erkannten Schwerpunkten im innerstädtischen Bereich ein, um frühzeitig Ordnungsstörungen festzustellen bei niederschwelligen Kontrollen.
11. Waffenverbotszone in der Innenstadt
Ab dem 3. Februar 2023 treten in der Stuttgarter Innenstadt zeitlich und örtlich begrenzte Waffenverbotszonen in Kraft. Zusätzlich zu den bereits bestehenden Verboten im Waffengesetz sind dort weitere Gegenstände nicht erlaubt – insbesondere Messer mit einer Klingenlänge von über 4 cm.
Das Polizeipräsidium Stuttgart, der Förderverein Sicheres und Sauberes Stuttgart, die Mobile Jugendarbeit und das städtische Referat für Sicherheit Ordnung und Sport mit der dazugehörigen Stabsstelle für Kommunale Kriminalprävention haben nach gemeinsamen Überlegungen Plakate, Grafiken und kleine Kurzvideos erstellt. Sie erklären, welche Maßnahmen des Konzepts der sicheren Innenstadt bereits gelten und werden temporär am Kleinen Schlossplatz auf Bauzäunen und auf Monitoren in Bussen und Bahnen der SSB präsentiert.
Informationen zum Download
Hier finden Sie weiterführende Informationen zu einzelnen Konzepten und Maßnahmen:
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