Zehn Handlungsfelder
Der Aktionsplan 2023 „Nachhaltig und innovativ mobil in Stuttgart“ enthält mehr als 200 Einzelmaßnahmen, die schrittweise umgesetzt werden sollen. Damit bestimmt er die Zielsetzungen im Mobilitätsbereich der Landeshauptstadt Stuttgart für die kommenden Jahre.
Verkehrsvermeidung und Verkehrsverlagerung
Verkehr vermeiden heißt die Maxime, die maßgeblich zur Verkehrwende beiträgt. Flankiert wird dies, indem unvermeidbarerer Verkehr auf nachhaltige Mobilitätsformen verlagert wird. Zusätzlich können durch eine Neuverteilung der öffentlichen Räume mehr Lebens- und Aufenthaltsflächen in der Stadt entstehen, was unter anderem mehr Raum und Sicherheit für Kinder schafft. Auch die „Stadt der kurzen Wege“ – also das Einsparen von Wegen zur Arbeit, Kita oder zum Einkaufen – durch bewusst gemischte Quartiere in der Stadtplanung trägt zu einer gelingenden Verkehrswende bei.
Eine wesentliche Bedeutung kommt dabei den Straßenrändern zu, die tags-über für den Wirtschaftsverkehr als Anlieferzone und abends zum Beispiel als Spiel- und Aufenthaltsfläche dienen können. Es geht also bei der Verkehrsverlagerung nicht nur darum, finanzielle Mittel auf den Umweltverbund umzuverteilen und diesen zu priorisieren, sondern ebenso darum, Flächen ganz neu zu verteilen und zu nutzen.
Intermodalität und Vernetzung
Inter- und Multimodalität bedeutet, dass ein Weg mit Hilfe mehrerer, möglichst vernetzter Verkehrsmittel zurückgelegt wird. Der inter- und multimodale Verkehr ist ein wesentliches Instrument, um die Umweltbelastung zu senken und das öffentliche Straßennetz zu entlasten. Der Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsmittel und deren bequeme und barrierefreie Zugänglichkeit für alle Menschen kommt dabei eine entscheidende Bedeutung zu.
Der zunehmend komplexe und individualisierte Tagesrhythmus von uns Menschen führt zum Wunsch nach diesen maßgeschneiderten Mobilitätsdienstleistungen und der Verfügbarkeit von bedarfsgerechten, schnellen, preiswerten und umweltfreundlichen Verkehrsmitteln.
Konkret heißt das zum Beispiel, dass in Stuttgart die Verkehrslagenerfassung und die Steuerung in der Verkehrsleitzentrale ausgebaut werden soll.
Öffentlicher Personennahverkehr
Ein gut ausgebauter und gut funktionierender ÖPNV sowie dessen aktive Vermarktung sind das Rückgrat für jedes Mobilitätskonzept mit dem Anspruch, eine echte Alternative zum Motorisierten Individualverkehr (MIV) zu sein. Gemeinsam mit den Partnerverkehrsmitteln im Umweltverbund, dem Fuß-, Fahrrad- und Pedelecverkehr sowie innovativen inter- und multimodalen Angeboten muss ein attraktives, alternatives Verkehrssystem gewährleistet und weiter ausgebaut werden, das dem Angebot des MIV weitgehend ebenbürtig ist.
Berufsverkehre
In der Landeshauptstadt Stuttgart waren 2021 ca. 518.500 Menschen beschäftigt. 58,5 Prozent dieser Beschäftigten wohnen außerhalb der Landeshauptstadt. Davon fahren rund 60 Prozent mit dem Auto zur Arbeit und dies meistens alleine (1,3 Personen pro Fahrzeug). Neben diesen sogenannten Berufspendlern ist die Landeshauptstadt Stuttgart auch über die Verkehre, die durch den Transport von Produkten und Dienstleistungen verursacht werden, mit Unternehmen und Organisationen im Gespräch.
Der Aktionsplan 2023 „Nachhaltig und innovativ mobil“ sieht zum Beispiel vor, dass Unternehmen bei der Umsetzung eines eigenen Mobilitätskonzeptes im Rahmen des Betrieblichen Mobilitätsmanagements besser unterstützt werden.
Stadteigene Mobilität
Eine wesentliche Aufgabenstellung für eine nachhaltige Mobilität in Stuttgart sind auch die sogenannten „stadteigenen Verkehre“. Verursacht werden diese von den rund 23.400 Beschäftigten der Landeshauptstadt (inklusive Klinikum), die ein umfangreiches und vielfältiges Leistungsangebot für ihre Bewohnerinnen und Bewohner erbringt. Die Landeshauptstadt kann durch eine systematische Analyse und Planung ihrer eigenen Verkehrsströme einen eigenen Beitrag zur Reduzierung motorisierter Verkehre leisten und damit ihrer Vorreiterrolle und Verantwortung im Sinne nachhaltiger Mobilität nachkommen.
Mobilität in der Region
Im Bereich des Verkehrs haben die Kommunen der Region Stuttgart sehr oft mit identischen Problemen zu kämpfen. Gerade bei der Suche nach Ansätzen und Lösungen ist eine engere Zusammenarbeit notwendig. Die Landeshauptstadt Stuttgart bietet deshalb proaktiv den Kommunen und den Landkreisen der Region sowie dem Verband Region Stuttgart (VRS) einen intensiven Austausch und eine ausgeprägte Kooperationsbereitschaft an.
Motorisierter Individualverkehr
Ziel der Maßnahmen hinsichtlich des Kfz-Verkehrs ist, dass der motorisierte Individualverkehr stabilisiert und verstetigt wird. Daneben ist insbesondere der sorgsame Umgang mit dem öffentlichen Raum und die Sicherung der Leistungsfähigkeit des Vorbehaltsstraßennetzes von großer Bedeutung. Die Antriebswende hin zur Elektromobilität wird von der Landeshauptstadt besonders unterstützt.
Nicht-motorisierter Verkehr
Den nicht-motorisierten Verkehr zu fördern, führt neben der direkten Reduktion von Abgas-, Schadstoff- und Lärmemissionen sowie des Flächenverbrauchs zu einer wesentlich besseren Lebensqualität und kann gleichzeitig zu einem schöneren Stadtbild beitragen.
Wirtschaftsverkehr
Bewohnerinnen und Bewohner wollen einkaufen, Handeltreibende brauchen Ware, Unternehmen benötigen Material und den Abtransport ihrer produzierten Güter, Abfall muss entsorgt werden und Dienstleister müssen für ihre Kundschaft erreichbar sein. Das alles erzeugt Verkehr und sichert gleichzeitig die Versorgung der Bevölkerung. Kurzum: Der Wirtschaftsverkehr sorgt dafür, dass die Landeshauptstadt Stuttgart „funktioniert“. Er ist unerlässlich für das tägliche Leben jeder und jedes Einzelnen. Daher braucht auch der Wirtschaftsverkehr gute Rahmenbedingungen.
Öffentlichkeitsarbeit
Die vielfältigen Aktivitäten der Landeshauptstadt auf dem Gebiet der nachhaltigen Mobilität, dank der die Lebensqualität gesteigert wird, soll weiterhin mittels einer einheitlichen, breit angelegten und sich regelmäßig wiederholenden Öffentlichkeitskampagne unter der Dachmarke
„Stuttgart-steigt-um“ (Öffnet in einem neuen Tab) kommuniziert werden. Unter dieser Dachmarke sollen auch alle anderen, auf das Konto der nachhaltigen Mobilität einzahlenden Maßnahmen kommuniziert werden.
Umgesetzte und abgeschlossene Maßnahmen
Viele der in den bisherigen Aktionsplänen beschriebenen Maßnahmen und Projekte wurden in den letzten Jahren umgesetzt bzw. sind bereits abgeschlossen oder als Daueraufgabe verankert. Dies sind unter anderem diese, den einzelnen Handlungsfeldern zugeordneten Maßnahmen und Projekte:
Handlungsfeld 1 - Intermodalität und Vernetzung
- Ertüchtigung des Leitraums der IVLZ
- Verkehrsbeeinflussung und -lenkung (z. B. Erneuerung der Netzbeeinflussungsanlage Nord und Weiterentwicklung der IVLZ)
- Forum für alle Mobilitätsarten (UA Mobilität)
- Beteiligung am Projekt moveBW (Entwicklung eines App-basierten Mobilitätsassistenten für die Mobilitätsinformation und Verkehrssteuerung)
Handlungsfeld 2- ÖPNV
- Ausbau des Bus- und Stadtbahnnetzes durch Netzerweiterungen, Tangentiallinien und Bus- sowie Schnellbuslinien:
– U12 Remseck – Dürrlewang
– U6 Flughafen
– U16 Fellbach – Giebel
– U19 Neugereut – NeckarPark
– Schnellbusse X1, X2, X7 - Werktäglicher Nacht-Takt mit Bus und/oder SSB-Flex
- Ausbau der SSB-Leitstelle
- Einführung eines einheitlichen Ein-Zonen-Tarifs für die gesamte Landeshauptstadt Stuttgart (Tarifzonenreform 2019)
- Attraktivitätssteigerung beim 9-Uhr-UmweltTicket (z. B. durch Einbeziehung in das FirmenTicket), 9-Uhr-Firmen-Abo 2018 eingeführt
- Einführung neuer Ticket-Innovationen:
– Bestpreisabrechnung
– 10er-Ticket
Handlungsfeld 4 - Stadteigener Verkehr
- Zweiradfahren zur Arbeit für Beschäftigte durch den Ausbau der für die Nutzung von Fahrrädern, Pedelecs, E-Rollern erforderlichen internen Infrastruktur (z. B. Umkleidebereiche, Duschen, sichere Abstellplätze…) attraktiver gestalten
- Prüfung und gegebenenfalls Umsetzung, ob Dienstgänge (inklusive Botendienste) vermehrt mit dem Fahrrad, mit Pedelecs oder Lastenrädern, zu Fuß oder mit ÖPNV durchgeführt werden können. Hier sollen auch die Angebote externer Car-Sharing-Anbieter bzw. RegioRadStuttgart einbezogen werden.
- Fortschreibung der Kriterien zur Vergabe städtischer Stellplätze für die Beschäftigten der Landeshauptstadt Stuttgart und andere Nutzergruppen zur Reduzierung der Fahrten mit herkömmlichen Fahrzeugen
- Mobilitätsbefragung bei den Beschäftigten der Landeshauptstadt Stuttgart
- Bereitstellung verkehrlicher Echtzeitinformationen am Arbeitsplatz städtischer Beschäftigter
- Personalwirtschaftliche Maßnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit
Handlungsfeld 5 - Mobilität in der Region
- Mitfahrerparkplätze prüfen
- Ganztägiger 15-Minuten-Takt der S-Bahnen an Werktagen
Handlungsfeld 6 - Motorisierter Individualverkehr (MIV)
- Fortführung und Ausbau von Tempo 40 auf Steigungsstrecken des Vorbehaltsstraßennetzes
- Ausweitung von Tempo 30 im Vorrangstraßennetz gemäß novellierter Straßenverkehrsordnung (StVO), insbesondere vor Kindergärten, Schulen und ähnlichen Einrichtungen
- Erstellung und Umsetzung einer Rahmenkonzeption E-Mobilität im öffentlichen Raum (u. a. rechtliche, verkehrstechnische und infrastrukturelle Grundlagen, Ladeinfrastruktur, Parkplätze)
- Weitere Unterstützung und Förderung der Umstellung der Taxi-Flotte und ggf. weiterer Gelegenheitsverkehre in der Landeshauptstadt Stuttgart auf E-Antriebe (z. B. durch Vorgaben zu Emissionsklassen bei der Konzessionsvergabe, sofern dies landesrechtlich ermöglicht wird)
- Förderprogramm „Abwrackprämie“ für Zweitakt-Zweiräder
- Erstellung eines stationären Carsharing-Konzepts für die Landeshauptstadt Stuttgart und Ausweisung von Carsharing-Stellplätzen im öffentlichen Raum
- Projekt „City2Navigation“ (Nachfolgeprojekt NAVIGAR)
- Kreisverkehre zur Verstetigung des Kfz-Verkehrs (z. B. Solitude-/Engelbergstraße in Weilimdorf)
Handlungsfeld 7 - Nicht motorisierter Verkehr
- Neubau der Jugendverkehrsschule Westbahnhof (Ersatz für Diakonissenplatz)
- Aufbau eines interkommunalen, regionalen Fahrrad- und Pedelec-Verleihsystems (RegioRadStuttgart) unter Einbeziehung von Lastenrädern und der Möglichkeit einer Eventflotte (Verschmelzung des lokalen Fahrradverleihsystems call-a-bike mit dem regionalen Verleihsystem NAMOREG E-2-R)
- Einrichtung einer/eines Fußgängerbeauftragten analog zur Radverkehrs beauftragten
- Erprobung von Fußgängerampeln ohne Benutzungszwang
Handlungsfeld 8 - Wirtschaftsverkehr
- Pilotprojekt „ Digitales Lieferzonenmanagement“
Sonstige Maßnahmen
- Einführung und Evaluierung des Feinstaubalarms in Verbindung mit umfangreicher Informations- und Kommunikationskampagne sowie der zentralen Webseite www.feinstaubalarm.stuttgart.de (seit Januar 2016)
- Pilotversuch zur Wirksamkeit von Mooswänden zur Reduzierung von Luftschadstoffen (seit Oktober 2016)
- Fortsetzung des ersten Testprojekts „Straßenreinigung Feinstaub“ vom Frühjahr 2017 über die komplette Feinstaubsaison 2017/2018. Eine Entscheidung, ob danach aus dem Versuch eine Dauermaßnahme wird, entscheidet sich im Sommer 2018 nach der Auswertung der zweiten Testphase.
Ralf Maier-Geißer
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