Der Gemeinderat hatte dem Bürgerrat zum Thema Wärme folgende Fragestellung mitgegeben: „Welche Schritte soll Stuttgart unternehmen, um eine klimaneutrale Wärmeversorgung zu erreichen?“ Um sich einer Lösung auf diese Frage zu nähern, wurde das Thema Wärme in vier Themenblöcke aufgeteilt:
- Energetische Gebäudesanierung
- Umstellung auf nachhaltige Wärmeversorgung
- Wärmezentralen und Wärmenetze
- Energieeffizienz und Energiesparen
Drei Impuls-Vorträge als Einstieg
Folgende drei Impuls-Vorträge wurden zum Einstieg gehalten:
- Barbara Fricke, Leiterin Grüner Strom-Zertifizierung beim Grüner Strom Label e.V. startete mit einem Überblick über die Emissionsquellen im Gebäude- und Wohnbereich und stellte die verschiedenen technischen Optionen für eine klimaneutrale Wärmeversorgung Deutschlands vor. Sie betonte außerdem die Bedeutung der Gebäudesanierung bzw. Gebäudedämmung – ohne die ein Wechsel auf erneuerbare Wärmequellen wenig Sinn mache. Ein weiteres Problem sei die immer größer werdende Pro-Kopf-Wohnfläche und der damit einhergehende wachsende Energiebedarf in Deutschland.
- Serena Oberecker von der Abteilung Energiewirtschaft im Amt für Umwelt stellte die Arbeit der Stadt rund um die Wärmeplanung vor. Da auf die Wärme über die Hälfte des gesamten Endenergieverbrauchs der Stadt entfalle, gebe es hier besonders hohen Handlungsdruck. Die Stadt arbeite gerade an einer Wärmeplanung für die Stadt, die bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll. Dies beinhalte auch den Aufbau neuer Wärmenetze und Wärmezentralen. Frau Oberecker erläuterte, wie die Stadt planerisch und kommunikativ bei der Planung und Umsetzung dieser Wärmenetze und -zentralen vorgehe. Sie stellte außerdem bereits existierende Förderprogramme der Stadt für Gebäudesanierung und den Umstieg auf klimafreundliche Wärmeversorgung vor.
- Jana Deurer, Projektleiterin im Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien (IREES), ordnete die Inhalte des aktuellen Entwurfs des Gebäudeenergiegesetzes der Bundesregierung für die Anwesenden ein. Sie stellte zum einen die technischen Anforderungen an den Heizungstausch im Neubau und Bestandsgebäuden vor, zum anderen die Übergangsfristen, Ausnahmeregelungen und möglichen Förderungen.
Die Bürgerrats-Mitglieder stellten im Anschluss zahlreiche Fragen an die Referentinnen und Referenten, u.a. zu den Möglichkeiten der Sanierung bei denkmalgeschützten Gebäuden und zur CO2-Bilanz und Umweltwirkung von Dämmstoffen. Auch berichteten mehrere Teilnehmende davon, dass sie oder ihre Familienmitglieder zwar gern ihre Wohnfläche verkleinern würden, zum Beispiel nach dem Auszug der Kinder, aber der Wohnungswechsel aufgrund der gestiegenen Mietpreise in der Realität nicht möglich oder bezahlbar sei. Auch sei nicht jeder oder jede bereit, freiwillig in eine kleinere Wohnung oder Haus umzuziehen.
Teilnehmende zu Rückmeldungen der Stakeholder-Befragung
Insgesamt 13 Stakeholder und Interessensgruppen hatten im Vorlauf zur vierten Bürgerratssitzung nach einem breit angelegten Aufruf schriftlich Rückmeldung gegeben, welche Aspekte sie bei der Wärmewende Stuttgarts für besonders wichtig halten und welche Klimaschutz-Maßnahmen sie im Wärmebereich als prioritär erachten.
Rückmeldungen kamen von Vereinen und NGOs, Verbänden, Unternehmen sowie Kirchen der Stadt und Region. Die Teilnehmenden hatten diese Rückmeldungen vor der Sitzung zugesandt bekommen. Auf der Sitzung konnten sie die Aussagen der Stakeholder qualitativ mit Klebepunkten bewerten. So wurde deutlich, zu welchen Positionen die Teilnehmenden ähnlicher oder konträrer Meinung sind.
Bürgerrat entwickelt 25 Empfehlungsvorschläge zu Wärme
Analog zur dritten Bürgerratssitzung gab es wieder mehrere Kleingruppenphasen, in denen die Bürgerinnen und Bürger in Gruppen von je circa sechs Personen zu konkreten Fragen diskutierten. Die Fragestellungen wurden von der Koordination ausgewählt, weil sie besonders strittige Fragen rund um die Wärmewende darstellen, weil die Maßnahmen besonders wichtig für die Erreichung der Stuttgarter Klimaschutzziele im Wärmebereich sind und weil die Alltagserfahrungen der Bürger bei diesen Fragen mit einfließen sollen.
Während der Kleingruppenarbeit standen den Teilnehmenden zwei Fachberatende als Faktenchecker zur Seite, um bei Bedarf Fragen direkt vor Ort zu klären:
- Hans Hertle, ifeu - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg gGmbH
- Jana Deurer, IREES - Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien
Die Teilnehmenden beschäftigten sich nicht nur mit der ihrer Gruppe zugelosten Fragestellung, sondern konnten an zwei Stellen im Programm Rückmeldung zu den Empfehlungsentwürfen der anderen Gruppen geben und ihren Bürgerrats-Mitstreitenden ihre eigenen Ideen für Empfehlungen vorstellen. Im Laufe der Sitzung entwickelten die Teilnehmenden 25 vorläufige Empfehlungen. Diese werden sie auf der fünften Sitzung des Bürgerrats weiter diskutieren und bearbeiten.
Stakeholder, die dem breiten Aufruf der Stadt und Koordination zur Beteiligung am Bürgerrat gefolgt sind, können diese Empfehlungsentwürfe nun kommentieren. Die Teilnehmenden entscheiden auf der fünften Bürgerratssitzung, welche der Hinweise sie in die weitere Diskussion und Erarbeitung ihrer Empfehlungen aufnehmen wollen.
Fragestellungen für die Empfehlungsentwürfe
Die Fragestellungen lauteten:
- Welche finanziellen Belastungen halten Sie bei der energetischen Gebäudesanierung von Privathaushalten für Mieter*innen, Vermieter*innen und Eigentümer*innen für zumutbar und welche nicht? Welche Regulierungen und Anreize sollte es bei der Sanierung geben?
- Wie kann es Ihrer Meinung nach gelingen, die großflächig notwendige energetische Gebäudesanierung (zum Beispiel auch auf Quartiersebene) möglichst wirtschaftlich, zeitnah und sozialverträglich zu gestalten?
- Wie kann es gelingen, die für die Wärmewende notwendigen Fachkräfte (Mitarbeiter*innen in Ämtern bzw. Behörden, Planungsbüros, Handwerk oder Unternehmen) zu gewinnen bzw. auszubilden?
- Welche finanziellen Belastungen sind bei der Umstellung auf eine nachhaltige Wärmeversorgung für Eigentümer*innen, Vermieter*innen und Mieter*innen zumutbar und welche nicht? Welche Regulierungen und Anreize sollte es beim Umstieg auf einen nachhaltige Wärmeversorgung geben?
- Unter welchen Umständen wären Sie bereit, dass dezentrale Wärmenetze und Wärmezentralen in Ihrer Nähe entstehen?
- In welchen Lebensbereichen und durch welches Verhalten sollten die Stuttgarter*innen und die Stadt ihren Wärmeverbrauch noch weiter senken?
- Wie sollte die Stadt Stuttgart ihrer Vorbildfunktion bei der Umstellung auf eine nachhaltige Wärmeversorgung und bei der energetischen Sanierung gerecht werden?
- Wie könnten die Stadt Stuttgart und ihre Einwohner*innen den Verbrauch von Wärmeenergie insgesamt verringern?