Die zentrale Haltestelle heißt Zuffenhausen Rathaus, es gibt einen Stadtpark, den Stadtteil Mitte und wenn Bezirksvorsteher Saliou Gueye auf den Straßen unterwegs ist, wird er von Passanten schon mal untechnisch mit „Ach, Herr Bürgermeister“ angesprochen. Zuffenhausen, das wird schnell klar, ist im Selbstverständnis vieler Einwohner eine Stadt in der Stadt – mit trubeligen Einkaufsstraßen, dörflichen Strukturen wie der Kleinsiedlung Neuwirtshaus; mit Industrieansiedlungen von Bosch, Porsche, Wolff und Muller, Alcatel und mit mehr als 60 Prozent Migrationsquote, verteilt auf gut 38 000 Einwohner. Auch rund 840 der insgesamt 8850 in Stuttgart lebenden Fluchtlinge waren am Stichtag 30. Juni in Zuffenhausen untergebracht.
„Unser Bezirk ist geprägt von Vielfalt und Urbanität“, sagt Saliou Gueye. Das Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen macht Zuffenhausen aus, auch die teilweise junge Altersstruktur. Dazu ist, wie in anderen Bezirken auch, Wohnen teuer, der Einzelhandel kämpft.
Ein Bezirksvorsteher als Netzwerker
Was wünschen sich die Bewohner? Was sind die Starken, auf die sich aufbauen lasst? „Für Veränderung braucht es Ideen und Visionen“, sagt Bezirksvorsteher Gueye, der mehr Soziologe als Verwalter, in jedem Fall Netzwerker ist. Geboren im Senegal, studierte Gueye Raumplanung an der Universität Dortmund, war Referent der Konrad-Adenauer- Stiftung, Quartiersplaner in Mannheim und leitete die Koordinierungsstelle „Internationale Stadt“ in Ulm. „Partizipation ist das Grundprinzip unserer Arbeit“, sagt Saliou Gueye.
Saliou Gueye, Bezirksvorsteher Zuffenhausen, vor der EinwohnerversammlungDie Bewohner sind unsere Experten, wir binden sie aktiv in die Gestaltung des Stadtbezirks ein.
Deswegen hat er 2021 die Bezirkskonferenz gegründet, in der neben Vertretern des Bezirksbeirats auch die Bürgervereine und Sprecher des Migrationsforums vertreten sind. Vier bis fünf Mal im Jahr wird da nach unbürokratischen Lösungen für aktuelle Probleme gesucht. Ebenfalls seit 2021 gibt es das Migrationsforum. Länderabende, Lesungen – rund 15 Ehrenamtliche stellen regelmäßig Veranstaltungen auf die Beine, um miteinander ins Gespräch zu kommen.
Bei gemeinsamen Projekten an einem Strang ziehen
„Zuffenhausen soll ein Stadtbezirk sein, in dem die Menschen in nachbarschaftlichem Kontakt sind“, sagt Gueye. Jungen Menschen sollen Zukunftsperspektiven eröffnet werden, indem Familien, Kindertagesstatten, Schulen, Vereine und Jugendeinrichtungen für gemeinsame Projekte an einem Strang ziehen. „Denn gute Integrationspolitik fängt bei Bildung an“, sagt Gueye mit Verweis auf die geringe Übergangsquote von Kindern in hoher qualifizierende Schulen. Das Engagement der Menschen, ihre Lebensbedingungen und ihr Wohnumfeld zu verbessern, sei hoch.
Um das zu illustrieren, zeichnet der Bezirksvorsteher große historische Linien nach: Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Donauschwaben zwangsweise auf der Schlotwiese unter. Als den Gefluchteten im Stadtteil Rot Flachen für Neubauten angeboten wurden, gründeten sie die Baugenossenschaft Neues Heim und erschufen sich damit sprichwörtlich selbst ein neues Zuhause.
„Das war eine vorbildliche Pionierleistung“, sagt Saliou Gueye, der kürzlich das 75-Jahr-Jubiläum der Genossenschaft mitgefeiert hat. Das Schicksal selbst in die Hand nehmen und Zukunft gestalten: „Darin liegt unsere große Chance!“
Wichtige Projekte im Stadtbezirk
Neues Hallenbad
Umgestaltung mehrerer Quartiere
Verkehrssituation Friedrichswahl
Einwohnerversammlungen sind formelle Bürgerbeteiligungen, die etwa alle fünf bis sieben Jahre in den einzelnen Bezirken stattfinden. Sie geben den Einwohnern Gelegenheit, Ideen einzubringen. Dem Oberbürgermeister, den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern bieten sie die Möglichkeit, mit den Menschen vor Ort in Dialog zu treten.
Im Vorfeld der Versammlung in Zuffenhausen konnten Interessierte auf dem Beteiligungsportal der Stadt ( www.stuttgart-meine-stadt.de (Öffnet in einem neuen Tab)) über Themen abstimmen und Anliegen einreichen. Neben den oben genannten Projekten gehörten zu den Spitzenreitern des Interesses die Themen Flüchtlingsunterbringung und Verkehr allgemein.