Die Stadtverwaltung hat am 2. Mai im Beirat für Menschen mit Behinderungen und am 3. Mai im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik über die bisherigen Erfahrungen und aktuellen Aktivitäten der Stadt berichtet.
Vertreterinnen des Amtes für öffentliche Ordnung stellten die Problematik des Abstellens dar: E-Scooter dürfen zwar auf den Gehwegen geparkt werden. Der Fußverkehr darf aber hierdurch nicht beeinträchtigt werden. Vor allem für Menschen mit Behinderungen sind fahrlässig abgestellte E-Scooter mitunter gefährliche Stolperfallen. Zugänge und Haltestellen des Öffentlichen Nahverkehrs, Querungsstellen wie Zebrastreifen, Ampeln oder Überwegen, Zugänge zu Gebäuden sowie Blindenleitlinien dürfen durch E-Scooter nicht blockiert werden.
Belohnungen für Nutzer
Die Stadt Stuttgart hat daher entlang der Theodor-Heuss-Straße erste Abstellplätze für E-Scooter probeweise eingerichtet. Im zweiten Quartal 2022 werden neun weitere Standorte im Zentrum Stuttgarts ausgewiesen und entsprechend markiert. Die Standorte wurden mit den Sharing-Anbietern an häufig frequentierten Mobilitätspunkten wie etwa Stadtbahnhaltestellen lokalisiert. Die Standorte werden in den Apps der jeweiligen Anbieter besonders hervorgehoben. Die Sharing-Anbieter bieten zudem verschiedene Belohnungen in Form von Freiminuten oder Fahrguthaben an, wenn der E-Scooter ordentlich auf einem dieser Parkplätze abgestellt wird. Weitere Abstellstandorte an frequentierten Plätzen werden bei Erfolg dieses Pilotprojektes dann auch in anderen Stadtbezirken sukzessive eingerichtet werden.
Susanne Scherz, Leiterin der Abteilung Straßenverkehr im Amt für öffentliche Ordnung: „Die Einrichtung von Abstellflächen für E-Scooter im Straßenraum muss nach den ersten Piloten nun in unsere Planungsprozesse integriert werden. Die Stadt entwickelt hierfür Standards. Wir begrüßen zudem, wenn Abstellangebote an Mobilitätshubs, so zum Beispiel in Parkhäusern oder an Bahnhöfen, eingerichtet werden.“ Scherz weiter: „Die Verkehrsüberwachung verwarnt falsch abgestellte E-Scooter konsequent. Bereiche, in denen großflächig das Abstellen von E-Scootern unpassend ist, werden mittels Geofencing mit Parkverbotszonen belegt. Stadt und Anbieter richten solch virtuellen Parkverbotszonen zum Beispiel in Fußgängerzonen, Grünanlagen oder bei Veranstaltungen ein.“
Falschparker melden
Die E-Scooter-Anbieter haben sich gegenüber der Stadt Stuttgart verpflichtet, gemeldete Störungen innerhalb von vier Stunden umzuverteilen. Sofern ein Fahrzeug an einem Ort nicht genutzt wird oder durch einen leeren Akku nicht betriebsbereit ist, wird das Fahrzeug nach einem Tag der Nichtnutzung zu einem anderen Standort versetzt.
Jede Bürgerin und jeder Bürger kann verkehrsgefährdend oder verkehrswidrig abgestellte E-Scooter auch direkt an die Hotlines der Verleihfirmen melden. Dies ist der schnellste Weg, solche E-Scooter zu beseitigen. Die Kontaktdaten sind auf der Homepage der Stadt wie auch auf den E-Scootern angegeben.
Unfallprävention im Fokus
Als problematisch hat sich das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer erwiesen, die E-Scooter als „Spaßfahrzeug“ verstehen. Laut Unfallbericht des Polizeipräsidiums Stuttgart wurden im Jahr 2021 von den 147 registrierten Unfällen mit Personen- oder Sachschaden rund 80 Prozent von den E-Scooter-Fahrenden verursacht. Die Hauptunfallursachen waren hierbei die verbotswidrige Nutzung von Fahrbahnen oder Gehwegen, Alkoholeinfluss, nicht angepasste Geschwindigkeit oder Fahrfehler. Hiervon zeugt die Anzahl der Unfälle zum Wochenende und in den Nachtstunden. In diesem Zeitraum dominiert das freizeitorientierte Nutzungsverhalten.
Bürgermeister Dr. Clemens Maier vom Referat für Sicherheit, Ordnung und Sport: „Dass E-Scooter keine Spaßfahrzeuge sind, ist bei einigen Verkehrsteilnehmenden noch nicht angekommen. Die Verkehrsteilnehmenden gefährden nicht nur andere, sondern auch sich selbst. Auch wenn der städtische Vollzugsdienst und die Polizei kontrollieren, sind wir uns mit den Anbietern einig, dass die Möglichkeit einer Geschwindigkeitsdrosselung über Geofencing in Fußgängerbereichen vom Gesetzgeber als Maßnahme der Unfallprävention dringend geprüft werden sollte.“
Reaktionstests für Nutzende
Bei der Nutzung von E-Scootern gelten die gleichen Regeln bezüglich Alkoholkonsum und berauschenden Mitteln wie im Autoverkehr. Das Befahren von Gehwegen oder Fußgängerzonen ist zudem in jedem Fall tabu.
Neben Informationskampagnen entwickeln die Anbieter die technischen Standards für ihre Services kontinuierlich weiter. So sollen zum Beispiel liegende E-Scooter elektronisch festgestellt werden. Zudem werden Reaktionstests der Ausleihe vorgeschaltet, damit Nutzende vor Fahrtantritt ihre Fahrtüchtigkeit prüfen.
Ralf Maier-Geißer, Leiter von ‚Nachhaltig mobil in Stuttgart‘, erläutert: „Die Stadt hat sich von Beginn an sehr intensiv sowohl mit den Anbietern wie mit anderen Großstädten vernetzt, um die Vorteile der E-Scooter als Verkehrsmittel der Nahmobilität sinnvoll und verkehrssicher ausschöpfen zu können. Hierzu gehört sowohl die freiwillige Selbstverpflichtungserklärung als auch der konstruktive Austausch mit den Anbietern der E-Scooter. Gleichzeitig sehen wir, dass die optimale Integration dieses neuen Verkehrsmittels ein noch länger andauernder Prozess ist.“
Maximale Anzahl von E-Scootern
Das Amt für öffentliche Ordnung prüft derzeit die Einordnung der E-Scooter-Verleihsysteme als Sondernutzung. Wesentliche Vorgaben der freiwilligen Selbstverpflichtung, wie die maximal Anzahl von E-Scootern oder die Zeiten zur Beseitigung störender E-Scooter, könnten auf diese Weise verbindlich verankert werden. Zudem wäre mit dem Angebot von E-Scootern im öffentlichen Straßenraum eine Gebühr für die Verleiher verbunden. Die Empfehlung der Stadtverwaltung soll im Spätsommer den Gremien vorgestellt werden.
Zurzeit bieten vier E-Scooter-Anbieter ihre Fahrzeuge in Stuttgart an. Aufgrund einer gegenüber der Landeshauptstadt Stuttgart an allen E-Scooter-Anbietern abgegebenen freiwilligen Selbstverpflichtung, bieten diese innerhalb des City-Rings zum Tagesbeginn maximal 100 E-Scooter zur Vermietung an. In den Innenstadtbezirken werden maximal 800 E-Scooter pro Anbieter, im gesamten Stadtgebiet bis zu 1.500 E-Scooter ausgebracht. Wie viele E-Scooter je Tag konkret angeboten werden, entscheiden die Anbieter, abhängig von der Jahreszeit, dem Wetter und dem Wochentag sehr flexibel. Besonders häufig werden die E-Scooter in der Innenstadt, Bad Cannstatt wie auch Vaihingen genutzt.