Finanziert wird es von der Europäischen Union aus Interreg-Mitteln, beteiligt sind dreizehn Partner aus fünf Ländern. Im Stuttgarter Rathaus informierten die Vertreter von Stadt und DLR die Öffentlichkeit und Fachpublikum über das Projekt und den Start der Tests in Stuttgart. Beide Räder wurden auf dem Stuttgarter Marktplatz präsentiert. Die Umwandlung der Energie aus dem Wasserstoff leisten an den Fahrrädern montierte Brennstoffzellen.
Zwei der neu entwickelten Lastenräder werden von März bis August 2023 in Stuttgart im Killesberg-Park und im Hauptklärwerk Mühlhausen erprobt. Im Feldversuch soll untersucht werden, ob sie sich für Transport und Logistik der Technischen Betriebe der Stadt Stuttgart sowie für die Innenstadt-Logistik auf der letzten Meile eignen. Das Pilotprojekt soll zudem aufzeigen, welche Möglichkeiten es für einen größeren Einsatz von durch mit Wasserstoff angetriebenen Lastenrädern gibt.
Stuttgart als Testfeld für innovative Mobilitätslösungen
Die Landeshauptstadt Stuttgart fördert aktiv den fachlichen Austausch mit Kommunen und Organisationen in Europa. Stuttgart hat zudem eine lange Tradition von EU-Projekten in vielen verschiedenen Bereichen der nachhaltigen Stadtentwicklung. Martin Körner, Leiter des Grundsatzreferates Klimaschutz, Mobilität und Wohnen bei der Landeshauptstadt Stuttgart, betonte in seinem Grußwort: „Stuttgart ist ein sehr gutes Testfeld für innovative Mobilitätslösungen und geht mit gutem Beispiel voran. Wir möchten gemeinsam mit anderen Kommunen, Organisationen und Unternehmen neue Fahrzeuge und Angebote testen und dort, wo es sinnvoll und effizient erscheint, dauerhaft einsetzen.“
Eine Lösung für „die letzte Meile“
In Europa leiden die Stadtbewohner unter Luft- und Lärmverschmutzung. Die Hälfte der Emissionen in europäischen Städten wird durch den Verkehr verursacht. Verschärft worden ist die Situation durch den expandierenden Online-Handel, da die bestellten Waren zu immer mehr dezentralen Zielen transportiert werden. Emissionsfreie Lastenräder können eine Lösung für die immer höheren Anforderungen der Zustellung auf der letzten Meile sein, sagte Prof. Dr. Kaspar Andreas Friedrich vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt: „Lastenräder mit Brennstoffzellen verbessern den innerstätischen Transport auf der letzten Meile und ermöglichen gegenüber batteriebetriebenen Rädern deutlich längere tägliche Einsätze. Das Interreg-Projekt wird diese Vorteile auch in Stuttgart als Teil eines europäischen Feldtests nachweisen.“
Vorteile der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie
Die Fachleute des DLR unterstrichen, welche Vorteile die Brennstoffzellentechnologie bietet. Elektrische Batterien weisen Nachteile auf: ihre Leistung ist begrenzt, ihre Aufladung beansprucht Zeit und bei niedrigen Temperaturen wird die Leistung gemindert. „Die emissionsfreie Brennstoffzellentechnologie des DLR liefert bei tiefen Temperaturen deutlich mehr Energie, ist in Sekundenschnelle wieder befüllt und doppelt so langlebig wie Batterien zu vergleichbaren Kosten. Mit diesen Eigenschaften kann ein Brennstoffzellen-Lastenrad im Vergleich zu einem Lastkraftwagen 5,5 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen“, unterstrich Projektleiter Dr. Mathias Schulze am DLR-Institut für Technische Thermodynamik.
Informationen über mögliche Anwendungsfelder
Inwiefern sich Mobilitätslösungen durchsetzen werden, hängt von vielen Faktoren ab. Nicht alle werden am Ende tatsächlich im großen Stil ausgerollt und umgesetzt. Dennoch geben sie für spätere Projekte wertvolle Informationen, auf denen aufgebaut und neue Lösungen entwickelt werden können: Patrick Daude, Projektleiter für Nachhaltige Mobilität bei der Landeshauptstadt Stuttgart, betonte: „Neue Mobilitätslösungen brauchen Anwendungsfelder in Kommunen und Betrieben. Es braucht auch die Offenheit zu sagen, wenn etwas nicht funktioniert hat wie erwartet. Auch das ist ein Teil des Forschungsprojekts. Es zählen nicht nur die guten, sondern auch die schlechten Erfahrungen. Aus diesen lernen wir oft genauso viel.“
Der Lieferverkehr muss stadtverträglich, emissionsfrei und klimaneutral sein
Der Einsatz von Lastenfahrrädern zum Transport von Gütern und Paketen wird von der Landeshauptstadt Stuttgart im Themenfeld „Wirtschaftsverkehr und Citylogistik“ bereits seit einigen Jahren unterstützt. „Ziel ist es, den Lieferverkehr in der Stadt möglichst stadtverträglich, emissionsfrei und klimaneutral zu gestalten: Wir helfen den Unternehmen mit verschiedenen Maßnahmen bei der Antriebswende“, erklärte Ines Aufrecht, die Leiterin der Abteilung Koordination Stuttgart 21/Rosenstein und Zukunftsprojekte. Ein Beispiel ist das Programm „flottes Gewerbe“, in dem ausgewählte Test-Pioniere für einen sechswöchigen Zeitraum ein individuell ausgestattetes Lastenrad inklusive Beratung und Wartung zur Verfügung gestellt bekommen. Dr. Manuela Wohlhüter, die Wirtschaftsverkehrsbeauftragte der Stadt Stuttgart, ergänzte: „Der Markt der Lastenräder entwickelt sich rasant und es gibt ganz unterschiedliche Modelle für die verschiedensten Anwendungsfelder. Die Erfahrungen aus der Testphase der mit Brennstoffzellen betriebenen Lastenräder im Projekt FCCP ist für die Citylogistik in Stuttgart besonders spannend, weil sich daraus neue Einsatzmöglichkeiten für Lastenräder ergeben können.“
Erfahrungen für zukunftsweisende Technologien
Bei der Veranstaltung im Stuttgarter Rathaus steuerten Vertreter des Paketdienstleisters UPS Erfahrungen zum professionellen Einsatz von Lastenrädern in Innenstädten bei. Das Unternehmen setzt in Deutschland bereits rund 110 größtenteils elektrisch unterstützte Lastenräder für die Paketzustellung im städtischen Bereich ein. Sebastian Friedl, zuständig für City-Logistik bei UPS, betonte: „Wir sondieren kontinuierlich neue Technologien und testen sie in der Praxis, um nachhaltige Lösungen zu erproben. Die Brennstoffzellentechnologie bietet diverse Vorteile, etwa die Reduzierung von Abgasen und damit die Einsparung von CO2-Emissionen. Unsere Erfahrung in der Nutzung von Lastenrädern für eine nachhaltige Gestaltung der Letzten Meile wird sicherlich helfen, zukunftsweisende Technologien zu unterstützen.“