Verabschiedung von Fritz Kuhn als Oberbürgermeister
Die achtjährige Amtszeit von Fritz Kuhn als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart ist am 6. Januar 2021 zu Ende gegangen. Im Rahmen einer offiziellen Feier im Großen Sitzungssaal des Rathauses, die coronabedingt ohne Gäste und Medienvertreter stattfand, ist er am Montag, 11. Januar, verabschiedet worden. Musikalisch begleitet wurde die Verabschiedungsfeier von dem Gee Hye Lee Trio. Die Moderation übernahm Jens Zimmermann.
Sie können sich die Verabschiedung in unserem Video-Mitschnitt anschauen:
„Die Qualität eines Oberbürgermeisters zeigt sich immer auch in Ausnahmesituationen"
Der Erste Bürgermeister Dr. Fabian Mayer sagte bei der Verabschiedungsfeier: „Der Klimawandel ist in mehrfacher Hinsicht ein Leitmotiv der Amtszeit von Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Keiner seiner Vorgänger hat so viel für die Verbesserung der Luftqualität in Stuttgart getan und auf diesem Gebiet auch so viel erreicht wie er. Ein Kennzeichen seiner Politik ist dabei, dass es manchmal erst unbequem sein muss, um dauerhaft und nachhaltig besser werden zu können.“ Als Beispiel führte Mayer den Feinstaubalarm an, der im Zusammenspiel mit weiteren Maßnahmen für eine Einhaltung der Feinstaubgrenzwerte gesorgt hat.
Zum Thema „Klimawandel“ sagte Mayer weiter: „Beim Amtsantritt von OB Kuhn war die Stadt wegen S21 polarisiert und gespalten. Heute haben zwar nicht alle, aber freilich viele ihren Frieden mit dem umstrittenen Großprojekt gemacht. Kuhn hat es verstanden, bei den Kritikern für Akzeptanz zu sorgen und Gegner und Befürworter zu versöhnen. Das hat zu einer atmosphärischen Verbesserung beigetragen.“
Kennzeichnend sei für OB Kuhn laut Mayer sein „stilles und behutsames Handeln“ gewesen. „Er verfolgte keinen radikal verändernden Ansatz. Vielmehr war es ihm stets wichtig, das, was sich bewährt hatte, zu bewahren und es gleichwohl zu verändern und zu optimieren und den Erfordernissen unserer Zeit anzupassen. Auf diese Weise stellte er viele verschiedene Weichen neu.“
In der Corona-Pandemie habe Kuhn Außergewöhnliches geleistet. Mayer lobte: „Die Qualität eines Oberbürgermeisters zeigt sich immer auch in Ausnahmesituationen. Kuhn sah früh und vor vielen anderen, welch epochale Herausforderung da auf uns
zurollte und zögerte nicht, wichtige Maßnahmen durchzusetzen. Als souveräner Krisenmanager führte er die Stadt mit ruhiger Hand und großer Übersicht durch diese schwierige Zeit.“
Der Erste Bürgermeister schloss mit den Worten: „OB Kuhn ist eine Art Gegenmodell zum Typus des Populisten. Er redet den Leuten nicht einfach nach dem Mund und ist nicht um des eigenen Vorteils willen auf den kurzfristigen Effekt aus. Er muss nicht lange überlegen, um eine Haltung zu finden, er hat eine.“
„Kluges Fingerspitzengefühl als Krisenmanager“
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann würdigte seinen Parteifreund und jahrelangen Weggefährten mit den Worten: „Fritz Kuhn kenne ich nun schon seit 40 Jahren, Anfang der 80er haben sich unsere Wege zum ersten Mal gekreuzt. Als Gründungsmitglieder der Grünen waren wir beide derselben Überzeugung: Es reicht nicht, nur gegen etwas zu sein. Man muss als Politiker auch realistische Perspektiven aufzeigen und die Welt, in der wir leben, aktiv gestalten. Als Lenker, als Analytiker, als Vordenker.“
Weiter hob der Ministerpräsident hervor: „Auch die vielen Herausforderungen seines letzten politischen Amts hat Fritz Kuhn mit Bravour gemeistert, trotz Mühen der Ebenen mit stets wechselnden Mehrheiten im Gemeinderat. Mit einem schuldenfreien Haushalt, mit engagiertem Klimaschutz, mit nachhaltiger Mobilität und einer vielfältigen Kultur-Szene hat Kuhn diese tolle Stadt weit nach vorne gebracht. Nicht zu vergessen sein kluges Fingerspitzengefühl als Krisenmanager während der Flüchtlingskrise und der Corona-Pandemie. Ich danke Fritz Kuhn für seine Arbeit, seine Freundschaft und für das, was er für unsere Demokratie und für unser Gemeinwesen in vielen Jahrzehnten erfolgreicher Politik geleistet hat.“
„Klare inhaltliche Positionen, zu denen er konsequent steht“
Waltraud Ulshöfer, Fritz Kuhns Ehefrau, skizzierte die Grundlinie seiner Arbeit: „Fritz‘ politische Ader war bestimmt von seinen klaren inhaltlichen Positionen. Er setze sich für eine menschenfreundliche und ökologische Stadt ein. Die Bürgerinnen und Bürger konnten sich darauf verlassen, dass er zu seinen Positionen konsequent steht.“ Dabei seien die politischen Konzeptionen ihres Mannes „frei von Traumtänzerei“ gewesen, stattdessen steckte seine Fantasie in der Strategie wie etwas verändert werden könne. Ulshöfer: „Fritz begründete Handlungsmacht in der Durchsetzungskraft der besseren Argumente.“
Warnung vor den „Feinden der Demokratie“
Zum Schluss trat Kuhn selbst ans Rednerpult und erinnerte sich an seine vierzig Jahre als Grünen-Politiker und seine acht Jahre als Stuttgarter OB: „Ich bin froh und stolz, dass ich vierzig Jahre unserem Land und unserer Stadt dienen und sie mit formen konnte. Für mich war es wichtig, dass sich etwas in der Substanz nachhaltig verändert. Stuttgart ist eine nachhaltige Stadt geworden und kulturell reicher. Sie hat den Ruf einer weltoffenen Stadt – und ich wünsche mir, dass diese Tradition in Zukunft fortgesetzt wird.“
Weiter sagte der ehemalige Oberbürgermeister: „Stuttgart hat viel vor sich. Manches ist angedacht, manches ist begonnen. Um unsere Stadt muss es uns nicht bang sein. Stuttgart hat eine hervorragende Zukunft vor sich: Es ist eine wirtschaftlich starke und kulturell reiche Stadt, ein Wissenschafts- und Hochschulstandort von Weltformat, und hat eine engagierte Bürgerschaft. Wenn diese Karten gespielt werden, steht die Stadt gut da.“
Eine Warnung sprach Kuhn hinsichtlich der „Feinde der Demokratie“ aus: „Am meisten Sorge macht mir das, was sich am rechten Rand unserer Gesellschaft abspielt. Die Demokratie ist ein großes Geschenk und es darf kein Verständnis für die geben, die das kaputt machen wollen. Dagegen müssen wir uns wehren und die Demokratie verteidigen.“
Final bedankte sich Kuhn bei der gesamten städtischen Verwaltung und den Stuttgarter Bürgerinnen und Bürger: „Es war mir eine Ehre, dieser Stadt acht Jahre dienen zu können.“
Amtsantritt von Dr. Nopper als neuer OB verzögert sich
Als neuer Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart wurde Dr. Frank Nopper gewählt. Sein Amtsantritt verzögert sich auf Grund von Einsprüchen gegen die Wahl und damit verbundenen Fristen. Dr. Nopper kann frühestens Ende Januar das Amt antreten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Einsprüche gegen die Wahl bestandskräftig zurückgewiesen sind, also keine Klagen erhoben werden. Die offizielle Einführung des neuen OB im Gemeinderat kann in dem Fall am 4. Februar 2021 stattfinden.
Von seinem Nachfolger Dr. Frank Nopper wünschte sich Kuhn, „dass die Tradition der Integration und der weltoffenen Stadt unabhängig vom Parteibuch fortgeführt wird“. Zuvor hatte bereits Ministerpräsident Kretschmann dem neuen OB nochmals zu dessen Wahl gratuliert und gesagt: „Ich habe großen Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung und arbeite mit den Stadtoberhäuptern im Land in einer guten, partnerschaftlichen Kooperation zusammen. Das biete ich ich dem neu gewählten OB von Stuttgart, Herrn Dr. Nopper, ebenfalls sehr gerne an und ich bin mir sicher, dass wir zum Wohl der Stadt, der Region und des Landes viel schaffen können.“
Vision einer nachhaltigen und weltoffenen Stadt
Als Oberbürgermeister arbeitete Kuhn entlang seiner Vision einer nachhaltigen, weltoffenen und kulturell reichen Stadt. Dies hatte er Anfang Dezember in der Bilanz seiner achtjährigen Amtszeit betont. Sein Politikansatz war nach eigenen Aussagen, „die Stadt als Ganzes in ihrer Infrastruktur zum Leuchtturm zu machen“. Dabei habe er dem Spannungsverhältnis zwischen „Ökonomie und Ökologie“ Beachtung geschenkt und sei um Ausgleich bemüht gewesen. Erfolge vorzuweisen gebe es in den Bereichen Mobilität, Energie und Klima, hier seien wichtige Weichenstellungen gemacht worden, diese Entwicklungen sei unumkehrbar. Zudem war die Stärkung der kulturellen Infrastruktur und des Kreativstandorts für Kuhn ein Schwerpunkt seiner Arbeit.
Als Stadtoberhaupt habe er, wie er in seiner Bilanz weiter ausführte, „Probleme nicht weggelächelt oder unter den Teppich gekehrt, sondern sie klar angesprochen und abgearbeitet“. Kuhn: „Ich habe aus Verantwortungsbewusstsein Dinge getan, die getan werden mussten, ohne auf die Beliebtheitswerte zu achten.“
Krisenmanager während der Corona-Pandemie
Die letzten zehn Monate seiner Amtszeit waren bestimmt vom Kampf gegen das Coronavirus. In der Pandemie war er als Krisenmanager und Leiter des Verwaltungsstabs gefragt. Dazu sagte er Anfang Dezember: „Städte bewähren sich in der Krise und nicht im Sonnenschein. Meine Hoffnung ist, dass wir im ersten halben Jahr 2021 das Virus besiegen können. Dazu brauchen wir weiterhin viel Vorsicht und den schnellen Einstieg in die Impfung in möglichst großer Zahl.“