Ausgezeichnet werden Georgia Koumará für „I wonder if I should start accessing pleasure a whole lot“ für verstärktes Ensemble und Elektronik von 2022, Elnaz Seyedi für „absolute snow“ für Klarinette, Horn und Violoncello von 2021 sowie Ying Wang für „SCHMUTZ“ für Violine solo und Ensemble aus dem Jahr 2019. Die ausgezeichneten Kompositionen werden im Rahmen der Preisverleihung beim ECLAT Festival Neue Musik Stuttgart im Februar 2026 aufgeführt.
Für den 70. Kompositionspreis 2025 hatten 112 Teilnehmende insgesamt 209 Werke eingereicht. Mitglieder der Jury waren Prof. Luxa M. Schüttler, Vertretung der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, Martina Seeber, Vertretung des Südwestrundfunks, Zeynep Gedizlioğlu, Komponistin, Leopold Hurt, Komponist, Prof. Svetlana Maraš, Komponistin und Sound Artist, Dirk Wieschollek, Musikwissenschaftler, und Astrid Schmeling, Flötistin. Den Vorsitz hatte Marc Gegenfurtner, Leiter des Kulturamts der Landeshauptstadt Stuttgart.
Jury würdigt die drei Werke
Die Jury sagt: „Lust und Begehren stehen im Zentrum von ‚I wonder if I should start accessing pleasure a whole lot‘ von Georgia Koumará. Gekonnt werden Texte über weibliche Sexualität in einen komplexen und energetischen Gesamtklang eingebettet, der durch seine Unmittelbarkeit Begehren akustisch begreifbar werden lässt. In ihrer von popmusikalischen Referenzen durchzogenen Raumkomposition erzeugt Georgia Koumará somit eine ganz eigene, intensive Klangsprache, die gleichzeitig von großer politischer wie ästhetischer Dringlichkeit ist.“
Und weiter zur Auszeichnung von Elnaz Seyedi: „Ungewöhnlich ist schon die Triobesetzung, die Elnaz Seyedi in ‚absolute snow‘ vorsieht. Bassklarinette, Horn und Cello entfalten auf der Basis einer schlichten, geradezu kargen Partitur eine unbedingte Farbkaft und Energie. Mit wenigen Noten und minimalen Veränderungen führt Elnaz Seyedi in eine Welt, die sich langsam vor den Hörenden ausbreitet, die den Raum ebenso eindrucksvoll einnimmt, wie sie ihn wieder leert. Vor allem aber zeigt Elnaz Seyedi mit ‚absolute snow‘, dass Askese und Reichtum ein und dasselbe sein können.“
Zum Werk von Ying Wang sagt die Jury: „‚SCHMUTZ‘ ist ein Werk der Extreme, der Eruptionen und Zusammenbrüche, des Jubels wie auch der Stille. Die Solovioline wälzt Materialberge vor sich her, verliert sich in der allgegenwärtigen Masse an Klang, Geräusch und Informationen ebenso wie in Momenten der Einsamkeit. ‚SCHMUTZ‘ ist zwar ein Kammerkonzert, aber oft von orchestraler Weite, manchmal auch ein heimliches Doppelkonzert mit E‐Gitarre. Sehr überzeugend vermitteln sich in dieser Musik die Sehnsucht nach Befreiung und zugleich die Notwendigkeit einer Reinigung.“
Die Preisträgerinnen und Preisträger
Die 1991 in Thessaloniki geborene Komponistin Georgia Koumará studierte bei Michalis Lapidakis an der Aristoteles‐Universität ihrer Heimatstadt sowie bei Johannes Schöllhorn und Michael Beil an der Hochschule für Musik und Tanz Köln Komposition.
In ihrer kompositorischen Arbeit interessiert sich Koumará für das Ausloten der Bezüge zwischen konzeptueller, perzeptueller und faktisch messbarer Zeit, wie sie sich in verschiedenen ontologischen Interpretationen, im Prozess der Aufführung und beim Hören artikuliert. Sie strebt im Erzeugen, Entwickeln und Kombinieren verschiedener akustischer Prozesse danach, einen kontinuierlichen energetischen Fluss und zugleich komplexe, mehrschichtige Texturen zu schaffen. Darüber hinaus vermittelt sie ihre Gedanken durch Klang, Zeichnung, Körpergesten, Unvorhersehbarkeit und dichte Schichten von Geräuschen. Sie arbeitet gerne mit anderen zusammen und integriert improvisatorische Elemente in ihre Werke. Die Komplexität des menschlichen Gehirns und der menschlichen Existenz fasziniert sie. Viel Zeit widmet sie der Suche nach dem nächsten fragilen Moment und dem Experimentieren mit Synthesizern.
Koumarás Werke wurden bei Festivals und Veranstaltern wie Acht Brücken, den Wittener Tagen für neue Kammermusik, dem Festival ECLAT in Stuttgart, Wien Modern, Heroines of Sound, Hellerau, Bludenzer Tage für zeitgemäße Musik, WDR‐Musik der Zeit, new talents – biennale Köln, dem Lucerne Festival, dem Festival Musica in Straßburg, dem Gaudeamus Festival, dem Wiener Konzerthaus und dem Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe aufgeführt. Zu den Interpreten ihrer Musik zählen unter anderem das WDR Sinfonieorchester, das Ensemble ascolta, das Ensemble Musikfabrik, die Neuen Vocalsolisten, das Ensemble mosaik, das Schlagquartett Köln, das Ensemble hand werk, das Kollektiv3:6Koeln, das Ensemble Platypus, y‐band, das Ensemble consord und das Bremer Schlagzeugquartett.
Seit 2021 ist sie Mitglied des Jungen Kollegs der Nordrhein‐Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste, Stipendiatin der Ernst von Siemens Stiftung (Progetto Positano 2023) und festes Mitglied des Ensembles Kollektiv3:6Koeln. Ihre Porträt‐CD erscheint 2026 bei WERGO. Seit 2014 lebt und arbeitet sie in Köln als Komponistin.
Elnaz Seyedi, geboren 1982 in Teheran, studierte Komposition bei Alireza Mashayekhi, Younghi Pagh‐Paan, Jörg Birkenkötter, Günter Steinke, Caspar Johannes Walter und Michael Reudenbach in Teheran, Bremen, Essen und Basel.
Auszeichnungen und Aufenthaltsstipendien: Bernd‐Alois‐Zimmermann‐Stipendium der Stadt Köln (2017), Stipendium der Internationalen Ensemble Modern Akademie (IEMA), Frankfurt a.M. (2018/19), Stiftung Bartels Fondation, Zum kleinen Markgräflerhof Basel (2020), Künstlerhof Schreyahn und der 2. Preis beim Kompositionswettbewerb des Nationaltheaters Mannheim (zusammen mit Ehsan Khatibi und Johannes Abel) (2021), Junge Akademie, Akademie der Künste, Berlin (2022), Villa Waldberta, München (2025), Deutsches Studienzentrum in Venedig (2025) u.a.
Aufführungen ihrer Werke erfolgten unter anderem im Rahmen der Donaueschinger Musiktage, Lucerne Festival, Wittener Tage für neue Kammermusik, Wien Modern, Darmstädter Ferienkurse, Biennale Arte – La Biennale di Venezia, Gaudeamus Muziekweek Utrecht, Ultraschall Berlin, Huddersfield Contemporary Music Festival, Now! Festival Essen, Biennale Aktuelle Musik Bremen und Teheran Contemporary Music Festival.
Ihre Kompositionen erscheinen bei Edition Juliane Klein, Berlin. Ihre Porträt‐CD „a sun of one’s own“ ist 2024 in der Reihe Edition Zeitgenössische Musik bei WERGO erschienen.
Ying Wang setzt sich in ihren Werken mit Umweltverschmutzung, sozialen Missständen, politischer Verfolgung und der Beziehung des Menschen zur Technologie auseinander. Bereits während ihres Studiums in Köln etablierte sie sich als Komponistin avancierter, kritisch reflektierter Kammer‐ und Orchestermusik. Der Kontrast zwischen ihrer Herkunft aus Shanghai/Peking und ihrer neuen Heimat Berlin prägt ihre Werke. Sie arbeitet an Schnittstellen zu Tanz, Video, digitaler Kunst und Performance.
Derzeit komponiert sie eine Duo‐Serie, in der digitale Konsumgötter antike Gottheiten herausfordern, sowie zwei szenische Werke: ein Kindermusiktheater über ein Mädchen, das nach einem traumatischen Verlust die Welt neu hören lernt, und eine Kammeroper über technologische Intimität und KI. Zudem entsteht für das ÖNM Wasserfall, ein Ensemblewerk über fünf weibliche Heldinnen.
Wang arbeitete mit renommierten Orchestern und Ensembles in Europa und Asien, darunter die Deutsche Radio Philharmonie, das Gürzenich Orchester Köln, das SWR Sinfonieorchester, das Radiosymphonieorchester Wien und das Klangforum Wien. Sie kollaborierte mit Dirigenten wie Markus Stenz, Brad Lubman und Johannes Kalitzke.
Sie erhielt unter anderem den Giga‐Hertz‐Produktionspreis (2013), den Komponistenpreis der Brandenburger Biennale, den Irino‐Preis (2014) und den Heidelberger Künstlerinnenpreis (2017). Residencies führten sie nach Bamberg und Los Angeles.
Wang studierte Komposition bei York Höller, Rebecca Saunders und Johannes Schöllhorn an der HfMT Köln sowie elektronische Komposition bei Michael Beil. Sie absolvierte ihren Master für Zeitgenössische Musik an der HfMDK Frankfurt (IEMA) und nahm am Cursus de Composition am Ircam Paris teil.
Weitere Informationen unter https://www.stuttgart.de/kultur/kulturpreise‐und‐stipendien/kompositionspreis.php (Öffnet in einem neuen Tab)
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