Inhalt anspringen

Landeshauptstadt Stuttgart

Presse

Oberbürgermeister a.D. Fritz Kuhn erhält die Bürgermedaille der Stadt Stuttgart

Der Gemeinderat der Landeshauptstadt Stuttgart hat den früheren Oberbürgermeister Fritz Kuhn in seiner Sitzung am Donnerstag, 15. Juli 2021, unter langanhaltendem Applaus offiziell verabschiedet und ihm einmütig die Bürgermedaille der Landeshauptstadt Stuttgart verliehen.

Damit sollen seine besonderen Verdienste um Stuttgart als Oberbürgermeister von 2013 bis 2021 gewürdigt werden. Zudem trug sich Fritz Kuhn ins Goldene Buch der Stadt ein.

In der Laudatio nannte Oberbürgermeister Dr. Frank Nopper seinen Vorgänger einen „homo politicus“. Er sagte wörtlich: „Fritz Kuhn ist ein durch und durch politischer Mensch. Er war und ist eine Ausnahmeerscheinung. Er war der erste grüne Oberbürgermeister einer Landeshauptstadt in Deutschland. Er war der bisher erste und einzige Sprachwissenschaftler auf dem Sessel des Stuttgarter Oberbürgermeisters, der ansonsten nur von Juristen und Verwaltungsleuten besetzt war. Er war als Linguist wohl auch einer der Oberbürgermeister, mit dem breitesten literarischen Fundament. Er war und ist bis heute der erste Stuttgarter Oberbürgermeister, der in seinem ersten Leben eine herausragende parlamentarische Karriere in Bund und Land absolviert hatte.“

Fritz Kuhn reihe sich in die Runde der um Stuttgart Hochverdienten ein, sagte Nopper. In der politischen Begründung heißt es dazu: „In der achtjährigen Amtszeit von Oberbürgermeister Fritz Kuhn hat sich Stuttgart erfolgreich zu einer nachhaltigen, umwelt- und klimabewussten, sozialen und kulturell blühenden Großstadt weiterentwickelt.“

Auf dem Feld der Verkehrs-, Umwelt- und Klimapolitik habe Kuhn laut Nopper Akzente gesetzt und tiefe Spuren hinterlassen. Als Beispiele führte Nopper auf: „Das städtische Jobticket für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Stadtverwaltung und städtischen Beteiligungsunternehmen sowie die Tarifreform, die den ÖPNV in der Landeshauptstadt deutlich kostengünstiger und attraktiver gemacht hat, gehen auf Fritz Kuhns Konto. Er schnürte ein Klimapaket, ein Aktionsprogramm Klimaschutz, das für einen Zeitraum von vier Jahren mit 200 Millionen Euro ausgestattet ist und das republikweit in dieser Dimension einzigartig ist. Um das Bewusstsein für die Gesundheitsrisiken zu schärfen, löste er ganz bewusst den ,Feinstaubalarm‘ aus, was von Kritikern als alarmistisch eingestuft wurde. Allerdings sind die Schadstoffemissionen in seiner Amtszeit deutlich zurückgegangen. Heute liegen wir in Stuttgart beim Feinstaub unter den Grenzwerten und beim Stickoxid nur noch an ganz wenigen Stellen über den Grenzwerten.“

Auch der Ausbau und Neubau von Fuß- und Radwegen stünden auf Kuhns Habenseite. Große Aktivposten seien zudem im Bereich der Kulturpolitik zu verzeichnen. „Die maroden Wagenhallen am Nordbahnhof wurden saniert und dort damit ein neues, attraktives Kulturangebot angesiedelt“, lobte Nopper und weiter: „Fritz Kuhn gelang es, im Theaterhaus mit Gauthier Dance den modernen Tanz fest zu etablieren. Auch den Bau der John-Cranko-Schule, die wie das Stuttgarter Ballett als Ganzes Weltrang hat, hat er maßgebend vorangetrieben, gerade auch indem er Porsche zu einer Millionenförderung motivierte. In seiner Amtszeit hat die Stadt die Villa Berg gekauft. Aus ihr soll ein Ort der Kultur und der Bürgerbegegnung werden. Er hat auch mit dafür gesorgt, dass das Hotel Silber erhalten blieb und zu einem zentralen Ort der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in Stuttgart wurde. Und nicht zuletzt hat er sich über Jahre hinweg für die Sanierung der Staatsoper stark gemacht.“

Viele strategische Impulse gegeben – Nachhaltigkeit als zentrales Thema

Dass er Krisen gewachsen sei, habe Kuhn gleich mehrfach bewiesen, betonte Nopper. Kuhn habe stets versucht, Konflikte zu lösen und versöhnende Mittelwege zu gehen. So habe er nach der S21-Volksabstimmung die Wogen in einer zutiefst gespaltenen und polarisierten Stadt geglättet. „Mit seinem sachorientierten und realpolitischen Politikansatz konnte er die Stadtgesellschaft weitgehend befrieden“, sagte Nopper und führte weiter aus: „In der Flüchtlingskrise des Jahres 2015 hat er entscheidend dazu beigetragen, dass den Menschen schnell geholfen wurde, sie zügig untergebracht und freundlich aufgenommen wurden. Das letzte Jahr seiner Amtszeit stand ganz im Zeichen der Pandemie. Fritz Kuhn war Vorsitzender des städtischen Krisenstabs und trug wesentlich dazu bei, dass die Stadt während seiner Amtszeit gut durch diese Krise kam.“

In der politischen Begründung zur Würdigung des Oberbürgermeisters a.D. Fritz Kuhn heißt es abschließend: „Mit OB Kuhn ist die Landeshauptstadt Stuttgart auf vielen Politikfeldern nachhaltiger geworden. Er hat der Stadt viele strategische Impulse gegeben, die nachwirken. OB Kuhn hat sich um Stuttgart verdient gemacht.“ Fritz Kuhn bedankte sich in seiner Rede für die Zeit als Oberbürgermeister. Er sagte: „Es war eine große Ehre für mich, für Stuttgart zu arbeiten. Wichtig war mir in der Zeit als Oberbürgermeister immer, dass sich die Stadt nachhaltig entwickelt – in ökologischer wie wirtschaftlicher Hinsicht und dass es sozial gerecht zugeht. Manches ist gelungen, manches auch nicht. Es war stets mein Wunsch und ist es bis heute, die Zukunftsfähigkeit unserer tollen Stadt zu verbessern. Denn wir haben eine Verantwortung für die Zukunft.“ Kuhn appellierte in diesem Zusammenhang an den Gemeinderat, den Klimaschutz ernst zu nehmen und den Klima-Aktionsplan zügig und konsequent umzusetzen.

Spannend sei die Verkehrspolitik gewesen, sprach Kuhn ein wesentliches Thema seiner Amtszeit an. „Ich bin fest überzeugt davon, dass die Verkehrspolitik in einer Stadt wie Stuttgart eine Verteilungsfrage des öffentlichen Raums ist. Und ich bin auch überzeugt davon, dass Radfahrer, Fußgänger und Verweilende mehr Platz brauchen werden. Damit geht eine Umverteilung einher, was bedeutet, dem Auto Platz wegzunehmen.“

Nach seiner Zeit als Oberbürgermeister blieben er und seine Ehefrau Stuttgart verbunden, betonte Kuhn: „Wir werden uns weiter als aktive Stadtbürger interessieren. Unser Herz schlägt weiterhin für diese großartige Stadt.“

Versierter Krisenmanager und als Demokrat ein Vorbild

Für den Gemeinderat sprach im Namen aller Fraktionen Andreas Winter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Er konstatierte Kuhn, ein „Schaffer“ gewesen zu sein: „Fritz Kuhn war sicher kein Oberbürgermeister, der die Bühne und den Medienrummel suchte, kein OB für schönes Wetter und keiner, dem es um Leuchtturmprojekte ging. Er war einer, der tat, was getan werden musste, auch wenn es – wie die Schließung des Fernsehturms – unbequem war. Er war einer, der die Stadt durch zahlreiche Herausforderungen und Krisen steuerte, der aber auch viele Strukturen gelegt hat, um unsere Stadt, die ganze Stadt, nachhaltig und zukunftsfähig zu machen.“ Mit Kuhns Namen werde immer die Verkehrswende in Stuttgart verbunden sein, die sich seit einigen Jahren in der einst „nur“ autogerechten Stadt vollzieht, sowie der Imagewandel zu einer klima- und umweltgerechten Großstadt mit viel Grün und einer nachhaltigen Lebensweise.

Außerdem habe Kuhn ein Bündnis für Wohnen ins Leben gerufen und dafür gesorgt, dass die Stadt wieder in den Bau geförderter Wohnungen eingestiegen sei. Ebenso engagiert habe er sich beim Thema Klimawandel. „Hier hat Fritz Kuhn Weitsicht und Entschlossenheit gezeigt“, so Andreas Winter: „Spätestens heute, wo die EU ihr Klimapaket auf den Weg bringt, sehen wir, wie wichtig sein Aktionsplan ,Weltklima in Not – Stuttgart handelt‘ und das dafür bereit gestellte 200-Millionen-Paket für unsere Stadt ist.“

Zuletzt habe der Alt-OB laut Winter auch in der Bewältigung der Corona Pandemie große Führungsstärke bewiesen. Der Grünen-Fraktionschef nannte Kuhn einen „versierten Krisenmanager“, der die notwendigen Maßnahmen auf den Weg gebracht habe. Abschließend lobte Winter den früheren Oberbürgermeister für seine „klare Kante für Menschenrechte, gegen Diskriminierung und Ausgrenzung, für Toleranz und ein weltoffenes und internationales Stuttgart“. Er sei als Demokrat ein Vorbild gewesen. „Fritz Kuhn war offen für das bessere Argument und bereit zum politischen Kompromiss. Er führte die Verwaltung transparent und bezog die Bürgerschaft in Entscheidungen ein. Er war ein Oberbürgermeister für alle Stuttgarterinnen und Stuttgarter.“

Lebenslauf Fritz Kuhn

Fritz Kuhn wurde 1955 in Bad Mergentheim geboren, aufgewachsen ist er in Memmingen im Allgäu. Von 1974 bis 1980 studierte Kuhn Germanistik und Philosophie an den Universitäten München und Tübingen. Seinen Magisterabschluss machte er an der Universität Tübingen mit Schwerpunkt Linguistik. Er ist Gründungsmitglied der Grünen. In drei Legislaturperioden war Fritz Kuhn Abgeordneter im Landtag von Baden-Württemberg und Fraktionsvorsitzender der Partei Die Grünen, das erste Mal von 1984 bis 1988 und wieder von 1992 bis 2000. Dazwischen hatte er von 1989 bis 1992 eine Professur für sprachliche Kommunikation an der Merz-Akademie Stuttgart inne. An die Aufgabe als Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen (2000 bis 2002) schloss sich seine Zeit als Abgeordneter des Deutschen Bundestages von 2002 bis Januar 2013 an. Von 2005 bis 2009 war er Vorsitzender der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, von 2009 bis 2012 Stellvertretender Fraktionsvorsitzender. Am 21. Oktober 2012 wählten ihn die Stuttgarterinnen und Stuttgarter im zweiten Wahlgang mit 52,9 Prozent zum Oberbürgermeister der Landeshauptstadt. Sein Amt trat er am 7. Januar 2013 an. Fritz Kuhn ist verheiratet mit Waltraud Ulshöfer und hat zwei Söhne.

Hintergrund Bürgermedaille

Nach der Satzung über die Stiftung der Bürgermedaille der Stadt Stuttgart vom 9. Februar 1970 kann der Gemeinderat Persönlichkeiten, die sich besondere Verdienste um Stuttgart erworben haben, durch die Verleihung der Bürgermedaille ehren. Zuletzt wurde die Medaille im Jahr 2019 an Gisela Scharr, Vorstandsvorsitzende der Otto F. Scharr‐Stiftung, und den zeitgenössischen Künstler Ben Willikens, überreicht.

Erläuterungen und Hinweise