Struktur und Aufgaben
Wie ist der Bevölkerungsschutz in Deutschland organisiert?
Bevölkerungsschutz ist ein übergeordneter Begriff. Damit die Menschen in Deutschland sicher leben können, gibt es ein gesamtgesellschaftliches Sicherheitssystem auf der Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen. Dabei ist ein kooperatives Zusammenwirken aller erforderlich.
In Deutschland gibt es nach dem Grundgesetz verschiedene Zuständigkeiten:
- Zivilschutz: Der Bund hat die Aufgabe, die Bevölkerung, wichtige Einrichtungen und das Kulturgüter vor kriegsbedingten Gefahren zu schützen. Zur Durchführung der Maßnahmen bedient sich der Bund der Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes der Länder, die hierfür ergänzend ausgestattet und ausgebildet werden.
- Katastrophenschutz: Für den Schutz vor Großschadensereignissen und Katastrophen in Friedenszeiten sind die Länder zuständig. Jedes Bundesland hat ein eigenes Katastrophenschutzgesetz, in dem die Maßnahmen geregelt sind. In Baden-Württemberg ist die oberste Katastrophenschutzbehörde das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg. Die vier Regierungspräsidien sind die höheren Katastrophenschutzbehörden. In Stuttgart ist die Branddirektion als untere Katastrophenschutzbehörde für die Maßnahmen des Katastrophenschutzes zuständig.
Die Stadt Stuttgart steht im Katastrophenfall in ständigem Kontakt mit dem Regierungspräsidium Stuttgart und dem Innenministerium Baden-Württemberg. Hierüber ist auch eine landesweite Koordination gewährleistet. Die Lage im Katastrophenfall wird laufend bewertet und die Maßnahmen werden bei Bedarf angepasst.
Was ist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe?
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) (Öffnet in einem neuen Tab) ist seit 2004 die Zentralstelle des Bundes für den Bevölkerungsschutz in Deutschland. Das BBK berät und unterstützt andere Bundes- und Landesbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben. Länder und Kommunen können bei Katastrophen von nationaler Tragweite das BBK, das Technische Hilfswerk (THW), die Bundespolizei und die Bundeswehr zur Unterstützung anfordern.
Das Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) setzt den gesetzlichen Rahmen für die unterschiedlichen Aufgaben. Das frühere Bundesamt für Zivilschutz war nach dem Ende des Kalten Krieges aufgelöst worden.
Welche Notfallpläne hält die Landeshauptstadt für Krisen bereit?
Eine bundesweit einheitliche Analyse zeigt, welche Ereignisse eine Stadt, eine Gemeinde oder einen Landkreis bedrohen können. Für die Gefahrenabwehr und Notfallbewältigung werden Module mit Szenarien und Einsatzplänen entwickelt.
Stuttgart verfügt über eine eigene Datenbank für Großschadensereignisse (GSE), den Katastrophenschutzplan der Landeshauptstadt. Darin sind die Szenarien für Stuttgart enthalten. Beispiele für Krisenszenarien sind Stürme, Überschwemmungen, Erdrutsche, Waldbrände, Tierseuchen, Freisetzung gefährlicher Stoffe, Explosionen, Bombenfunde, Stromausfälle oder Trinkwasserausfälle.
Die Zuständigkeit für die Erstellung von Krisenplänen liegt, je nach Gefahrenlage, bei den Fachämtern. In der Praxis sieht dies wie folgt aus: Das Szenario „Hochwasser“ wird unterteilt in „Hochwasser nach Starkregen“ und „Hochwasser Neckar“. Das Tiefbauamt ist für diese Szenarien zuständig und hat entsprechende Module erstellt. In diesen Modulen sind alle wichtigen Informationen und Maßnahmen wie Alarmstufen, Abläufe, Telefonnummern, zu beteiligende Ämter und Behörden beschrieben.
Sind die Szenarien in allen Städten und Regionen gleich?
Durch das dreistufige Verfahren von unterer, höherer und oberster Katastrophenschutzbehörde ist das Vorgehen auf Landesebene gut abgestimmt. Daher weichen die Planungen nicht stark voneinander ab.
Welche Krisenvorsorge trifft die Landeshauptstadt?
Der Gemeinderat hat im Januar 2023 ein Sofortprogramm für die Krisenvorsorge in Höhe von vier Millionen Euro bewilligt. Der Rat bewilligte zudem 200.000 Euro für die Erstellung eines umfassenden Gutachtens zur Planung des Katastrophenschutzbedarfes und 30.000 Euro für Online‐Anzeigen zum Thema Krisenvorsorge.
Die Flutkatastrophe im Ahrtal und der Krieg in der Ukraine haben verdeutlicht, wie gefährdet unser Alltag ist. Krisen machen auch vor unserem scheinbar sicheren Leben nicht Halt. Daher arbeitet die Branddirektion in ihrer Eigenschaft als untere Katastrophenschutzbehörde zusammen mit allen beteiligten Ämtern und Organisationen intensiv daran, Strukturen zur Hilfeleistungen anzupassen und aufzubauen. Insbesondere die Vorsorgemaßnahmen für einen möglichen Ausfall der Strom‐ oder Gasversorgung werden in Zukunft weiter ausgebaut.
Wie funktioniert die Steuerung einer Krisenlage in Stuttgart?
Zur Bewältigung eines Krisenfalls wird ein Katastrophenschutzstab im Stuttgarter Rathaus gebildet. Grundlage ist die Verwaltungsvorschrift des Landes Baden-Württemberg zur "Bildung von Stäben bei außergewöhnlichen Ereignissen und Katastrophen".
Der Katastrophenschutzstab gliedert sich in zwei Verantwortungsbereiche:
- den administrativ-organisatorischen Verwaltungsstab mit Bürgermeistern und Amtsleitern,
- den operativ-taktischen Führungsstab mit Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und ggf. Technisches Hilfswerk, Bundespolizei, Bundeswehr, Ortspolizeibehörde, Gesundheitsbehörde, Verkehrsbehörde.
Darüber hinaus gibt es eine Dienstanweisung des Oberbürgermeisters über die Grundsätze der Gefahrenabwehr bei außergewöhnlichen Ereignissen und Katastrophen sowie eine Stabsdienstordnung.
Wie viele Kräfte stehen im Krisenfall in Stuttgart zur Verfügung?
Zur Bewältigung von Großschadensereignissen und Katastrophen stehen rund 1.500 Kräfte der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren in Stuttgart zur Verfügung. Hinzu kommen die Hilfsorganisationen mit insgesamt sieben Einsatzeinheiten für den Katastrophenschutz.
Weitere Kräfte sind Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Dazu gehören die Hilfsorganisationen, die Rettungsdienste, die Polizei sowie Einrichtungen des Bundes wie Technisches Hilfswerk, Bundespolizei, Bundeswehr und die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ehrenamtliche und freiwillige Helferinnen und Helfer.
Warnung der Bevölkerung
Wie werden die Bürger im Verteidigungsfall gewarnt?
Im Verteidigungsfall führt der Bund die Bevölkerungswarnung aus. Hierfür unterhält das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) eine Nationale Warnzentrale und mehrere Zivilschutz-Verbindungsstellen. Es wird über das Modulare Warnsystem (MoWaS) gewarnt.
Das Warnsystem löst Warn-Apps wie „NINA“ sowie Warnmeldungen über Rundfunk und Medien aus. Zivilschutzsirenen als eine weitere Warnmöglichkeit existieren derzeit in der Landeshauptstadt Stuttgart nicht. Bereits im vergangenen Jahr hat die Landeshauptstadt Stuttgart Planungen für ein neues Sirenennetz in Stuttgart aufgenommen.
Weitere Informationen und Tipps bietet die Homepage des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilf (Öffnet in einem neuen Tab)e.
Gibt es in Stuttgart Sirenen, um zu warnen?
Bis Anfang der 1990er Jahre gab es ein bundesweites Sirenennetz zur Warnung der Bevölkerung etwa vor möglichen Luftangriffen. Nach dem Ende des Kalten Krieges hat der Bund dieses Sirenennetz und die damit verbundene Warninfrastruktur aufgegeben. Im Stadtgebiet Stuttgart gab es früher rund 380 Sirenen auf den Dächern, die bis 1995 alle abgebaut wurden.
Daher gibt es in Stuttgart momentan keine Sirenen. Im Ernstfall werden Warnungen in der Regel auf das Smartphone gesendet. Tests haben jedoch gezeigt, dass nicht alle Menschen erreicht werden. Zusätzlich sollen wieder Sirenen eingesetzt werden, die auch aufgrund von Unwetterkatastrophen durch den Klimawandel und den Krieg in der Ukraine an Bedeutung gewonnen haben.
Die Stadt Stuttgart arbeitet deshalb an einem umfassenden Konzept, um die Bevölkerung im Ernstfall noch besser warnen zu können. Dazu gehört auch der Wiederaufbau eines stadtweiten Sirenenwarnsystems mit bis zu 100 Sirenen in Stuttgart. Die Sirenen sollen neben dem Warnton auch Sprachdurchsagen übertragen. Die Planungen für ein Sirenennetz wurden mit der Gemeinderatsdrucksache 663/2021 zu den Haushaltsplanberatungen 2022/2023 beschlossen.
Die öffentliche Ausschreibung der Planungsleistung ist im Oktober 2023 abgelaufen. Das ausgewählte Planungsbüro hat nun bis zum Frühsommer 2024 Zeit, das Stadtgebiet zu untersuchen und die Schallausbreitung zu simulieren. Danach werden die Sirenen und Standorte in Stuttgart festgelegt und die baulichen Voraussetzungen geprüft. Schließlich wird das Ergebnis mit der Anzahl der Sirenen und den Standorten dem Gemeinderat vorgelegt. Nach dem Beschluss des Gemeinderates erfolgt die Umsetzung über mehrere Jahre in festgelegten Baubbschnitten.
Schutz und Versorgung
Gibt es noch Schutzbauten in Stuttgart?
Alle in der Landeshauptstadt Stuttgart befindlichen Schutzbauwerke sind entwidmet und daher nicht mehr belegbar. Bürgerinnen und Bürger finden bei Katastrophen Schutz in Gebäuden und unterirdisch gelegene Bahnhöfe. Zudem hat die Stadt Pläne für Evakuierung und Notunterkünfte, die wir im Bedarf aktivieren.
In Stuttgart gab es 47 Schutzbauten, die sich in der so genannten Zivilschutzbindung befanden (Stand: 1997). Dazu zählen Hochbunker, Tiefbunker, Stollen und Mehrzweckanlagen. In diesen Bauwerken gab es insgesamt 74.240 Schutzplätze. Die Bauwerke wurden durch die Kommunen gewartet und unterhalten. Der Bund gewährte dafür einen Kostenzuschuss. Seit 2008 verminderte sich die Zahl der Schutzplätze kontinuierlich, da der Bund das Schutzraumkonzept aufgegeben hat und sukzessive die Bunker außer Dienst stellte und entwidmete. Ende November 2014 wurden alle Einrichtungen geräumt. Seit 28. Juni 2016 sind alle Bauwerke entwidmet.
Hat die Stadt Stuttgart Notvorräte angelegt?
Die Stadt Stuttgart hat keine eigenen Notvorräte. Auf Bundesebene gibt es die zivile Notfallreserve, welche unter anderem Reis, Hülsenfrüchte und Kondensmilch beinhaltet. Über die Bundesreserve Getreide sind Weizen, Roggen und Hafer eingelagert.
Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) rät den Bürgern Essen und Trinken für 10 Tage zu bevorraten. Hilfreiche Tipps für die Zusammenstellung eines Vorrats können unter folgenden Links abgerufen werden:
www.ernaehrungsvorsorge.de (Öffnet in einem neuen Tab)
https://www.bbk.bund.de/DE/Warnung-Vorsorge/Vorsorge/Bevorraten/bevorraten_node.html (Öffnet in einem neuen Tab)
Evakuierung
Gibt es Evakuierungspläne für den Fall einer Katastrophe?
Sollte es innerhalb des Stadtgebietes Stuttgart zu einem Großschadensereignis kommen, hält die Stadt dafür Pläne für Evakuierungen und Bereitstellung von Notunterkünften vor.
Hilfe für Geflüchtete
Ist die Stadt Stuttgart auf Flüchtlinge vorbereitet?
Grundsätzlich koordiniert das Amt für Soziales und Teilhabe der Stadt Stuttgart die Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten in Stuttgart. Für kurzfristigen Unterstützungsbedarf stehen die Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes bereit.