Jugendschutz

1955: Der französische Kriminalfilm Rififi (Originaltitel: Du rififi chez les hommes, deutsch: Krawall unter Männern), der 1955 in Schwarzweiß erscheint, bringt die Gemüter ganz schön in Wallung. So wird der Jugendamtsausschuss vonseiten der Polizei und der Bevölkerung auf die „Gefährlichkeit“ des Films hingewiesen. In seiner nichtöffentlichen Sitzung vom 14. Dezember diskutiert der Jugendamtsausschuss, „ob man einen solchen Film überhaupt zulassen wolle“ und erwägt, an die Filmselbstkontrolle heranzutreten. 

In dem Film Rififi geht es um den kürzlich aus der Haft entlassenen Toni, der zusammen mit einer Bande einen Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft in Paris plant. Rififi ist ein echter Klassiker und vielfach ausgezeichnet. Dass der Film ein Fall für den öffentlichen Jugendschutz wird, liegt in der Angst der Bevölkerung davor begründet, dass er zur Nachahmung animieren könne.  

1966: In der öffentlichen Sitzung des Jugendwohlfahrtsausschusses und des Sozialausschusses des Gemeinderats werden die „Jugendschutzerfahrungen beim Volksfest 1966“ erörtert und „die im Interesse des Jugendschutzes erlassenen Vorschriften für ausreichend“ befunden. „Auch die personelle Seite des Jugendschutzes auf dem Volksfest dürfe man als befriedigend bezeichnen. Unzureichend sei allerdings die Situation in den Festzelten.“ 

2000: Die „Benutzungsordnung für den Cannstatter Wasen“ vom April ist ein gelungenes Beispiel für die Zusammenarbeit des Jugendamts mit anderen Institutionen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit. Anlass ist, dass es vor allem in den Bierzelten immer mehr Probleme mit jungen Eltern gibt, die im angetrunkenen Zustand ihre Kinder nicht mehr beaufsichtigen können. Nach Rücksprache mit den Ordnungskräften der Bierzeltwirte, dem Amt für öffentliche Ordnung, dem Marktamt und dem Jugendamt wird in die Benutzungsordnung der Satz aufgenommen: „Kinder unter 6 Jahren dürfen sich ab 20.00 Uhr auch in Begleitung Erziehungsberechtigter nicht mehr in Bier- und Weinzelten aufhalten.“ So können Eltern mit Kindern zum Verlassen der Zelte aufgefordert werden. Die Verordnung von 2010 wird auf diesen Grundlagen weiterentwickelt.

Anfang der 1980er-Jahre: Die Jugendschutztätigkeiten beim Jugendamt bestehen zum größten Teil aus Streifengängen mit der Polizei durch Videotheken, um jugendgefährdende Filme aufzustöbern und für diese dann einen Indizierungsantrag zu stellen. Zugleich werden bei den Rundgängen auch die Videothekare kontrolliert, indem geprüft wird, inwieweit sie die räumlichen Bedingungen und Maßnahmen einhalten, die zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vom Gesetzgeber vorgeschrieben sind.

Über den Sinn dieser zeitintensiven Arbeit wird in pädagogischen Kreisen heftig diskutiert: Ein indizierter Film verschwindet frühestens nach zehn bis zwölf Wochen aus den Regalen der Videotheken, weil der gesamte Vorgang so lange dauert. Bis dahin besteht kaum noch Interesse an den Filmen, denn es sind bereits zahlreiche Neuerscheinungen auf den Markt gekommen.

Der Grundsatz „Jugendliche sollen einen reflektierten und kritischen Umgang mit digitalen Medien frühzeitig erlernen“ ist in aller Munde und bis heute aktuell. Mit der Serie „Jugendschutz“ im Amtsblatt startet das Jugendamt 1989 eine Kampagne, um die verschiedenen Regelungen und ihre Hintergründe bekannter zu machen.

1990–1992: Alkoholfreie Cocktails mit Spaß und Kreativität entwickeln und genießen – so lautet das Motto der Funky-Drink-Aktion, die auf Initiative des Jugendamts von 1990 bis 1992 durchgeführt wird. Ziel ist es, das Image alkoholfreier Getränke zu verbessern und Trinkgewohnheiten Jugendlicher und junger Erwachsener positiv zu beeinflussen.

Kooperationspartner ist der Süddeutsche Rundfunk (SDR), mehrere Sponsoren sichern die Finanzierung. Zahlreiche Gaststätten in Stuttgart beteiligen sich aktiv und erweitern ihr Getränkeangebot. Das Jugendamt bietet noch mehr als zehn Jahre nach Ende der Projektzeit Kurse an Schulen an. Was damals in der Cocktailkultur noch wenig verbreitet ist, gehört heute zur Normalität.