Richter begann seine Theaterarbeit nach dem Studium der Literaturwissenschaften und des Schauspiels in der Nachkriegszeit. Der gebürtige Stuttgarter gründete bereits im Jahr 1953 die Stuttgarter Jugendbühne, zu einer Zeit, als das Kinder- und Jugendtheater noch in den Kinderschuhen steckte. Seine Theaterkarriere führte ihn an namhafte Theater wie dem RIAS Berlin, dem Nationaltheater Mannheim und die Bühnen der Stadt Köln. Als Hausregisseur und Oberspielleiter in Bielefeld und Heidelberg prägte er das Theatergeschehen nachhaltig.
Nachdem er 1970 Regisseur beim SDR Stuttgart wurde, gründete er unter dem Namen „Beratungsstelle für Jugendtheater und Schulspiel“ 1974 ein für die Stuttgarter Kulturlandschaft und Jugendarbeit wegweisendes Projekt, das später als das „Theater im Zentrum“ deutschlandweit Anerkennung fand.
Er schuf eine Verbindung zwischen theaterpädagogischer und künstlerischer Arbeit, eine fruchtbare und innovative Wechselwirkung: das gemeinsame Theaterspielen mit Gruppen von Kindern und Jugendlichen an Schulen, in der Kita und im Theater sowie Inszenierungen mit einem eigenen Ensemble professioneller Schauspieler. Das Theater im Heusteigviertel wurde zu einem Modellprojekt für innovative Kinder- und Jugendtheaterarbeit und partizipative Kulturarbeit. Richters Vision und Leidenschaft, das Publikum aktiv in den kreativen Prozess einzubeziehen, haben die moderne Theater- und Kulturarbeit nachhaltig geprägt.
Das „Theater im Zentrum“ wurde damals über das Kulturamt Stuttgart betrieben, wodurch Richter geschätzter Kollege und Mitarbeiter bei der Landeshauptstadt wurde. Zum 20-jährigen Jubiläum des Theaters verabschiedete sich Richter 1994 in den Ruhestand. Danach stand dem „Theater im Zentrum“ eine Zeit des turbulenten Umbruchs bevor. Doch Richters Erbe wurde zehn Jahre später in die Gründung des „Jungen Ensembles Stuttgart“ (JES) überführt. Dieses leistet bis heute bedeutsame Kinder- und Jugendarbeit im Theatersektor.
Manfred Raymund Richter wird nicht nur als herausragender Theatermacher, sondern auch als ein Mensch von außerordentlichem Charakter und Engagement in Erinnerung bleiben.