Von Römern und Pferden: 10. bis 13. Jahrhundert
Am Neckarknie beim heutigen Bad Cannstatt hatten die Römer um das Jahr 90 nach Christus das wichtigste Kastell im Mittleren Neckarraum errichtet. Und auf der Altenburg war seit alamannischer Zeit ein kirchliches Zentrum entstanden. Die Siedlungsspuren in Stuttgart hingegen sind jüngeren Datums: Herzog Liudolf von Schwaben soll um 950 ein Pferdegestüt angelegt haben, das der sich entwickelnden Siedlung Namen und Wappen verleiht. Erster Beleg für den Namen ist die auf die Mitte des 12. Jahrhunderts datierte Erwähnung eines „Hugo von Stuokarten“. Um 1220 wird der Ort zur Stadt erhoben und 1229 in einer Urkunde von Papst Gregor IX erstmals erwähnt.
Aufschwung und Abschwung: 14. bis 17. Jahrhundert
Anfang des 14. Jahrhunderts verlegen die Grafen von Württemberg Grablege und Herrschaftssitz nach Stuttgart. Dies löst Bautätigkeit und wirtschaftlichen Aufschwung aus. In dieser Zeit entstehen unter anderem die Stiftskirche (Öffnet in einem neuen Tab), Leonhardskirche (Öffnet in einem neuen Tab)und Dominikanerkirche (Öffnet in einem neuen Tab)(heute Hospitalkirche). Im Jahr 1495 erhebt Kaiser Maximilian Württemberg zum Herzogtum. Unter Herzog Christoph und dessen Sohn Ludwig ziehen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Reformation und Renaissancebaukunst in Stuttgart ein. Im Zuge des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648) nimmt die bis dahin florierende Residenzstadt großen Schaden. Kriegslasten und Seuchen sorgen dafür, dass sich die Stuttgarter Bevölkerung von knapp 10.000 auf etwa 4.500 Einwohner reduziert.
Kultur im Königreich: 18. bis frühes 19. Jahrhundert
Hatte Herzog Eberhard Ludwig Anfang des 18. Jahrhunderts die Residenz noch nach Ludwigsburg verlegt, entwickelt sich Stuttgart in der Ära Karl Eugens (Öffnet in einem neuen Tab) (seit 1744) zu einem kulturellen Zentrum. Der Herzog gründet unter anderem 1761 die erste württembergische Kunstakademie und wenige Jahre später die Hohe Karlsschule.
Im Zuge der territorialen Neuordnung durch Napoleon wird Württemberg 1806 zum Königreich erhoben. König Friedrich, der „württembergische Zar“, und sein Nachfolger Wilhelm I. sind stark am Ausbau der Residenz am heutigen Schlossplatz (Öffnet in einem neuen Tab) interessiert, unter anderem werden das Wilhelmspalais, das Katharinenhospital, die Staatsgalerie (Öffnet in einem neuen Tab), die Villa Berg, das Kronprinzenpalais und der Königsbau erbaut. Die Übersiedlung des Verlegers Johann Friedrich von Cotta von Tübingen nach Stuttgart 1810 macht die Stadt zu einem Zentrum des Buchhandels und der Literatur.
Wirtschaft und Industrie: 19. Jahrhundert
Die Industrialisierung kommt wegen der ungünstigen Verkehrslage und des Mangels an Wasserkraft und Rohstoffen nur schleppend in Gang. Die erste württembergische Bahn fährt 1845 von Cannstatt nach Esslingen. Und 1868 führt die erste Pferdebahn von Stuttgart zum Mineralbad Berg. Mit dem Ausbau des Eisenbahnnetzes steigt die Zahl der Fabriken von 17 (1832) auf 173 (1861), die der Arbeiterinnen und Arbeiter von 600 auf 4.000. Seit Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt sich Stuttgart dank einer differenzierten, exportorientierten Wirtschaft vor allem im Maschinenbau, in Feinmechanik und Elektrotechnik sowie einer hochqualifizierten Arbeiterschaft zu einem prosperierenden Industriestandort. Das erste Automobil aus Gottlieb Daimlers Werkstätte in Cannstatt wird 1886 gebaut.
Die Kommune wächst: frühes 20. Jahrhundert
Die Stuttgarter Bevölkerung wächst von 91.000 (1871) auf 286.000 (1910). Die Bereitstellung der Infrastruktur hat einen Ausbau der kommunalen Verwaltung zur Folge, die ihr Selbstbewusstsein durch ein neues Rathaus (Öffnet in einem neuen Tab)(1905) dokumentiert. Die Vereinigung mit Cannstatt eröffnet 1905 den Zugang zum Neckar. Flächen für Infrastrukturprojekte, wie zum Beispiel Schlachthof und Gaskessel, sowie für Wohnungs- und Siedlungsbau erwirbt die Stadt durch Eingemeindungen, die nicht unumstritten sind, teils aber von den Nachbargemeinden selbst ausgehen. Nach den Zwangseingemeindungen in der NS-Zeit ist die Gemarkung von knapp 3.000 Hektar auf über 21.000 Hektar angewachsen.
Die Kulturmetropole wächst: zwischen den Weltkriegen
Nach dem Ersten Weltkrieg erlebt Stuttgart eine kulturelle Blüte. Die 1912 eröffneten neuen Staatstheater geben auch zeitgenössische Werke, Adolf Hölzel (Öffnet in einem neuen Tab) und seine Schule prägen die Moderne in der Kunst. Besonders sichtbar ist der Aufschwung in der Architektur, der bedeutende Bauten wie die Weissenhofsiedlung (Öffnet in einem neuen Tab), den Tagblatt-Turm und das Kaufhaus Schocken hervorbringt. In den Krisenjahren der Republik gilt Stuttgart als „Oase“. Die Wahlergebnisse der NSDAP liegen weit unter dem nationalen Durchschnitt.
Zeichen und Zeiten des Nationalsozialismus
In der NS-Zeit steht das Turnfest 1933, die Erhebung zur „Stadt der Auslandsdeutschen“ 1936 mit Großveranstaltungen und besonders die Reichsgartenschau 1939 auf dem Killesberg für Identifikation mit der NS-Volksgemeinschaft. Hingegen werden Andersdenkende und angeblich Minderwertige ausgeschlossen und verfolgt. Über 500 Menschen in Stuttgart werden Opfer der sogenannten Euthanasie. Von Ende 1941 an werden 2.500 jüdische Bürgerinnen und Bürger Stuttgarts und Württembergs verschleppt und ermordet, ebenso hunderte von Sinti und Roma im März 1943. Bei Luftangriffen (Öffnet in einem neuen Tab) werden 1944 große Teile Stuttgarts zerstört. Etwa 4.500 Menschen verlieren ihr Leben, darunter rund 700 Zwangsarbeiter. Im selben Jahr werden die im Stuttgarter Schloss aufgewachsenen Brüder Stauffenberg als Mittäter am Attentat auf Adolf Hitler in Berlin hingerichtet.
Stuttgart baut auf
In der Nachkriegszeit nimmt Stuttgart dank der günstigen sozio-ökonomischen Voraussetzungen eine rasche Entwicklung. 1952 wird das Bundesland Baden-Württemberg gegründet mit Stuttgart als Hauptstadt. 1956 wird das neue Rathaus, die Liederhalle und der nach Ablehnung durch den Gemeinderat vom Süddeutschen Rundfunk errichtete Fernsehturm eingeweiht – heute ein Wahrzeichen der Stadt. Zugleich fallen stadtbildprägende Bauten verschiedener Epochen wie das Steinhaus aus dem 13. Jahrhundert, das Kronprinzenpalais und das Kaufhaus Schocken der Spitzhacke zum Opfer.
Unter dem Postulat der autogerechten Stadt entsteht in Stuttgart ein innerstädtischer Verkehrsring, dessen erste Pläne vor 1933 zurückreichten. Während seit den 1970er-Jahren Straßenbahnstrecken getunnelt, 1978 eine S-Bahn-Stammstrecke eröffnet und Fußgängerzonen geschaffen werden, wird zumindest für einen Teil des Rings („Kulturmeile“) über Änderungen debattiert.
Integration und Gesellschaft
Mit dem Wirtschaftswunder kommen nach Anwerbeabkommen von 1955 an zahlreiche Arbeitsmigranten nach Stuttgart. Heute gilt Stuttgart als weithin gelungenes Beispiel für Integration – begünstigt durch die florierende Wirtschaft und die relativ homogene Stadtgesellschaft sowie das mehrfach ausgezeichnete Engagement der Stadt und der Zivilgesellschaft. Dafür steht auch der populäre und liberal gesinnte Oberbürgermeister Manfred Rommel (Öffnet in einem neuen Tab), der 1977 die gemeinsame Beisetzung der RAF-Terroristen Baader, Ensslin und Raspe ermöglicht und damit ein kontrovers diskutiertes Zeichen für Versöhnung setzt.
Von Grünen und Zügen: das neue Jahrtausend
Wirtschaftliche Krisen und ihre sozialen Folgen hinterlassen im neuen Jahrtausend Spuren im städtischen Etat. Unter veränderten Bedingungen können seit 2005 Kunstmuseum, Stadtarchiv, Stadtbibliothek und StadtPalais eröffnet werden. Und Stuttgart festigt sein Renommee als Kulturmetropole. Im Jahr 2012 gewinnt Fritz Kuhn die Oberbürgermeisterwahl und wird damit das erste grüne Oberhaupt einer Landeshauptstadt. In jüngerer Zeit prägt die Stuttgarter Stadtgesellschaft eine bundesweit beachtete Auseinandersetzung über Stuttgart 21. Das Bauprojekt ist Kulminationspunkt von Debatten über das Gesicht der Stadt sowie über die Bürgerbeteiligung bei Planungsprozessen.
Auf Zukunft bauen
Auf dem frei werdenden Gleisvorfeld wird nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 das Rosenstein-Quartier erbaut, das aktuell größte geplante Bauprojekt der Stadt. Auf einer Fläche von rund 85 Hektar entsteht ein neuer Stadtteil, der für zukunftsorientiertes Wohnen und Arbeiten steht und auch kulturelle Einrichtungen beherbergen wird. Dicht, gemischt, bezahlbar und nachhaltig lauten die Schlagwörter des Konzeptes. Ein weiterer wichtiger Baustein in der Entwicklungsgeschichte der Stadt.
Noch Fragen?
Wer mehr über Stuttgarts Geschichte oder einzelne stadtgeschichtliche Ereignisse und Personen erfahren möchte, kann sich an das Stadtarchiv Stuttgart und an das StadtPalais - Museum für Stuttgart (Öffnet in einem neuen Tab) wenden oder im digitalen Stadtlexikon (Öffnet in einem neuen Tab) „schmökern“. Wissenswertes über das Thema Stadtgeschichte in Stuttgart liefert außerdem die Stadtgeschichte im Überblick.